Bild nicht mehr verfügbar.

Auch dieses Wochenende gingen tausende Griechen auf die Straße, um ihrem Frust über die Sparpolitik der Regierung Papandreou lautstark Gehör zu verschaffen.

Foto: Reuters/Kolesidis

Die Regierung in Athen und der Internationale Währungsfonds dementierten umgehend. 

***


Athen/Wien - Für Griechenland wird es immer enger: Erst weigerte sich die Opposition am Freitag, dem Sparkurs von Ministerpräsident Giorgos Papandreou zuzustimmen. Nun muss Athen auch noch mit einem verheerenden Zeugnis für seine Sparbemühungen rechnen. Nach Recherchen des Spiegel ist die Troika (Europäische Zentralbank / EZB, Internationaler Währungsfonds / IWF und EU-Kommission) zum Schluss gelangt, Griechenland werde alle bisher mit den Geldgebern vereinbarten Finanzziele verfehlen.

Das Defizit im Staatshaushalt falle wegen unverhältnismäßig hoher Staatsausgaben größer aus als erwartet, zitiert das Nachrichtenmagazin aus dem Bericht. Die Steuereinnahmen blieben hinter den Vorgaben zurück. IWF und Griechenland dementierten.

Geld reicht bis Mitte Juli

Unklar ist, welche Konsequenzen das für die Überweisung der nächsten Kredittranche an Griechenland haben könnte. Das Land hat nur noch bis Mitte Juli Mittel, um seine Verpflichtungen zu erfüllen und Löhne sowie Pensionen zu zahlen. "Über die nächste Tranche werden wir nach dem Bericht der Troika entscheiden", zitiert das Magazin EU-Währungskommissar Olli Rehn. "Die Lage ist sehr ernst." Nach seinen Worten stellt die EU dieselben Bedingungen an Griechenland wie der IWF.

Zuvor hatte der Vorsitzende der Eurogruppe, Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker, Medienberichten zufolge in Luxemburg gesagt, falls der IWF seinen Teil der aktuellen Tranche von gut drei Mrd. Euro nicht auszahlen wolle, werde von den Europäern erwartet, dass diese den Ausfall "auf ihre Kappe nehmen" müssten.

"Empörte Bürger" auf der Straße

Unterdessen gingen am Wochenende wieder tausende Griechen auf die Straße, um gegen den harten Sparkurs der Regierung zu protestieren. Aufgerufen hatte die vor allem über das Internet organisierte Bewegung der "Empörten Bürger". In Athen schlugen am Samstag viele Demonstranten mit Kochlöffeln und Töpfen Krach. Sie riefen "Diebe, Diebe" in Richtung Parlament.

Papandreou will mit seinem neuen Sparprogramm in den kommenden vier Jahren 78 Mrd. Euro sparen; einen großen Teil davon will die Regierung mit dem Verkauf von Staatsbesitz einnehmen.

"Bad Bank" angedacht

Aus Sicht der EZB muss der Verkauf von Staatsbesitz schneller gehen als von der Regierung geplant. "Man sollte hier ehrgeiziger sein. Das würde den Schuldenstand um 20 Prozentpunkte drücken", sagte EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark der Welt am Sonntag. Er verlangte die Schaffung einer unabhängigen Privatisierungsagentur. "Dafür kann man sich die Erfahrungen anderer Staaten zu eigen machen, einschließlich der Treuhandanstalt in Deutschland", sagte er.

Athen erwägt den Aufbau einer Bad Bank, um staatlich kontrollierte Geldhäuser attraktiver für Käufer zu machen. Das hoch verschuldete Land wolle die Finanzinstitute von der Last der griechischen Staatsanleihen befreien, berichtete die Zeitung To Vima.

Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl sagte in der ORF-Pressestunde, die EU solle Griechenland die Chance geben, langfristig einzusparen, und wieder bei Infrastrukturinvestitionen "helfen", das "wäre die Aufgabe einer Gemeinschaft, die diesen Namen verdient". Das Wort "Vormundschaft" wollte Leitl nicht benutzt sehen. (Reuters, dpa, red, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.5.2011)