Sie bleibt erst einmal, wo sie ist. Bis Ende Juni wird die Mavi Marmara wohl im Goldenen Horn ankern. Dann sind die türkischen Parlamentswahlen verraucht und die konservativ-muslimische Regierung von Tayyip Erdogan, zu der die Flottenkapitäne der Hilfsorganisation IHH keinesfalls und nicht im Entferntesten irgendwelche Beziehungen unterhalten, wieder im Amt bestätigt worden.

Am Tag vor dem Jahrestag haben die Aktivisten der Gaza-Hilfsflotte zur Pressekonferenz auf Deck 5 gebeten. Dort, wo am 31. Mai 2010 neun Menschen von einem israelischen Sturmkommando erschossen wurden, und manche - laut ballistischen Untersuchungen von türkischer Seite - so, dass es nach gezielter Tötung aussähe, nicht eben nach Selbstverteidigung in einem Moment höchster Bedrängnis.

In New York gibt es eine UN-Kommission, die das alles nicht untersuchen, sondern die verschiedenen Darstellungen zusammentragen und allenfalls kommentieren soll. In Istanbul auf Deck 5 waren am Montag die Demokraten am Wort. Die Türkei sei eine Demokratie, hieß es, und in einer Demokratie dürfe eine Hilfsorganisation zum Gazastreifen schippern, ohne um Erlaubnis fragen zu müssen. Die türkische Regierung, die keinesfalls und nicht im Entferntesten irgendetwas mit der IHH zu schaffen hat, macht derweil Wahlkampf mit dem Angriff auf die Gaza-Hilfsflotte.

Außenminister Ahmet Davutoglu, der erstmals für ein Abgeordnetenmandat kandidiert, das er dann nicht antreten wird, kritisierte in einem Interview mit der liberalen Tageszeitung Radikal Israel und die USA, die Israel gewähren ließen und jenseits des Völkerrechts stellten. Das kommt gut an beim Wähler und ist vom Regierungschef weidlich erprobt worden.

Fragt sich, was also geschieht, wenn Ende Juni an die 15 Schiffe aus mehreren europäischen Staaten wieder zu den Gestaden der Palästinenser dampfen. Ankara hat bereits erklärt, es könne da gar nichts tun (wegen Demokratie), und die israelische Regierung, dass sie ganz sicher etwas tun werde, um die Anlandung zu verhindern (wegen Embargo). Vielleicht fällt jemandem Dritten noch etwas Besseres ein (wegen Schlauheit).