Cordula Bartel widmet sich der tierischen Reproduktion.

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Cordula Bartel musste zu ihrem idealen Forschungsfeld einen Umweg nehmen. Die Wienerin wuchs mit Katzen, Hunden, Pferden, Vögeln und Fischen auf sowie mit Eltern, die sie Respekt und Verantwortung gegenüber allen Lebewesen lehrten: "Ich wollte immer nur Tierärztin werden, hatte immer den besseren Draht zu Tieren als zu Menschen und eine Leidenschaft für die Chirurgie. Ich habe meine Stofftiere aufgeschnitten, neue Watte reingestopft und dann wieder zugenäht, ihnen diverse Verbände oder einen Gips angelegt", beschreibt sie eine frühe Obsession.

Dann flog sie bei den biochemischen Zwischenprüfungen im Veterinärmedizinstudium durch und - aus der Traum. Als einzig denkbare Alternative begann sie mit dem Biologiestudium an der Universität Wien. "Die Zelle ist die kleinste Einheit des Lebens", lernte sie dort ganz am Anfang. Zellen und Gewebe (Histologie) wurden später auch ihr Spezialgebiet. Waren es in der Diplomarbeit noch Zellen von Pferden und Knorpelgewebe, widmete sie sich in ihrer Dissertation dem Reproduktionstrakt des Hundes.

Ziel ihrer Forschungsarbeit ist der Nachbau der Gebärmutterschleimhaut der Hündin (das canine Endometrium) als 3-D-Zellkultursystem während der einzelnen Zyklusphasen. Diese werden im Zellkulturmodell mit zugefügten Steroidhormonen simuliert. Im weiteren Verlauf möchte die Arbeitsgruppe am Institut für Anatomie, Histologie und Embryologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien pathologische Veränderungen der Drüsen hervorrufen, um Zusammenhänge von Erkrankungen mit dem Hormonhaushalt der Hündin herstellen zu können. Die Forschungsergebnisse sollen sich irgendwann auf Menschen übertragen lassen.

"Keine Technik kann den direkten Blick auf die Morphologie der Zelle und die damit verbundene Funktionalität ersetzen", schwärmt die Biologin vom Blick durchs Elektronenmikroskop, mit dem sie die Zellen in der Kultur mit nativem Gewebe vergleicht. In Bezug auf Tierversuche ist sie realistisch: "Forschung wird nie ganz ohne Tierversuche auskommen, aber gut funktionierende 3-D-Zellkultursysteme können die Anzahl verringern und richtungsweisende Antworten liefern." Das uterine Gewebe für ihre Versuche stammt übrigens von routinemäßig durchgeführten Kastrationen.

Im Doktoratskolleg Biorec (Biological responses to environmental challenges) an der Vet-Med Wien dreht sich alles um hormonelle Veränderungen bei verschiedenen Organismen. Die Teamarbeit dort ist genau das Richtige für Cordula Bartel: "Ich kann veterinär-, aber auch humanmedizinische Fragestellungen bearbeiten und mich als Jungwissenschafterin mit tollen Betreuern gut entfalten", meint die 28-Jährige.

Erste Ergebnisse ihrer Forschung hat sie bereits auf einem Kongress in St. Louis (Missouri/ USA) vorgestellt, wo sie mit einem Preis für die beste Präsentation ausgezeichnet wurde. Besonders gefiel ihr die entspannte Einstellung der AmerikanerInnen ("Wir sind alle nur Menschen"), die ihr seither das Leben nicht nur bei Präsentationen ungemein erleichtert.

Als Ausgleich zum Labor- und Schreiballtag braucht sie selbst viel "Auslauf". Sie achtet auf ihre Work-Life-Balance und verbringt mit ihren Hunden viel Zeit draußen und in den Bergen. (Astrid Kuffner/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.6. 2011)