Vom "Freispruch zweiter Klasse" ist nach dem Urteil für den Moderator Jörg Kachelmann in Deutschland viel die Rede. Juristisch gesehen gibt es einen solchen Terminus gar nicht. Freispruch ist Freispruch, und ein solcher erging am Landgericht Mannheim.

Aber natürlich weiß jeder, wie's gemeint ist. Kachelmann ist eben nicht freigesprochen worden, weil seine Unschuld bewiesen wurde. Sondern weil die Beweise für eine Verurteilung nicht gereicht haben. Will heißen: Er könnte seine ehemalige Freundin durchaus mit einem Messer bedroht und vergewaltigt haben. Aber man konnte es eben nicht nachweisen.

Auch sonst bleibt ein recht unangenehmer Nachgeschmack. Arg viele bemühten sich, die Wahrheit, die ohnehin nur Kachelmann selbst und seine ehemalige Lebensgefährtin kennen, auch abseits des Gerichts herauszufinden. Detailliert wurden die sexuellen Vorlieben Kachelmanns in Boulevardmedien ausgebreitet, das eine oder andere Gutachten fand schneller den Weg in die Zeitung als in den Gerichtssaal - was irgendwie auch nicht mehr so viel ausmachte, denn "Zeuginnenbefragung" (exklusiv!) hatte ohnehin jede bunte Zeitung selbst vorzuweisen.

Ob Kachelmann nach diesem Spektakel trotz Freispruchs je wieder locker im TV "Blumenkohl-Wölkchen" ansagen wird können, darf bezweifelt werden. Andererseits: Besser als Gefängnis ist so ein Unfreispruch allemal. (Birgit Baumann/DER STANDARD, Printausgabe, 1. Juni 2011)