Rom - Nach der schweren Niederlage bei den Kommunalwahlen in Italien will Premier Silvio Berlusconi auf das Gaspedal drücken, um seine Position an der Spitze der Mitte-rechts-Koalition zu konsolidieren. Der Regierungschef erklärte im Gespräch mit seinen Bündnispartnern, dass er so bald wie möglich eine Steuerreform durchsetzen wolle. Mit einer Senkung des Steuerdrucks will Berlusconi wieder an Popularität in seiner Heimat gewinnen. Um seine Anliegen durchzusetzen, nimmt Berlusconi auch Konflikte mit dem einflussreichen Wirtschaftsminister Giulio Tremonti in Kauf, der als Garant für die Stabilität der öffentlichen Finanzen in Italien gilt. "Tremonti muss jetzt den Geldbeutel öffnen", sagte Berlusconi nach Angaben italienischer Medien.

Berlusconi steht damit vor einer neuen Zerreißprobe. In der Woche zwischen 20. und 27. Juni muss der Ministerpräsident den Zusammenhalt seiner Mitte-rechts-Koalition in der Abgeordnetenkammer testen. Der Medienzar und Milliardär wird sich sehr wahrscheinlich einer neuen Vertrauensabstimmung im Parlament unterziehen müssen, nach jener im Dezember, die dem Bruch mit seinem Verbündeten Gianfranco Fini gefolgt war.

Das Parlament reagiert unterdessen auf einen Appell von Staatspräsident Giorgio Napolitano, der nach der Ernennung von neun neuen Unterstaatssekretären die Regierung aufgerufen hatte, sich einer Überprüfung der Machtverhältnisse im Parlament zu unterziehen. Dieser Schritt sei notwendig, da der Premier mehrere Mitglieder der regierungstreuen Fraktion "Responsabili" als Unterstaatssekretäre ins Kabinett gehievt hatte, obwohl diese als Parlamentarier der Opposition gewählt worden waren. Nach der Wahlniederlage verlangt jetzt auch die Opposition mit Nachdruck, dass sich Berlusconi einer Vertrauensabstimmung im Parlament unterziehe.

Berlusconi will sich ferner um eine tiefgreifende Umstrukturierung seiner Partei "Volk der Freiheit" (PdL - Popolo della liberta) bemühen, die er nach dem Rücktritt von Koordinator Sandro Bondi Justizminister Angelino Alfano anvertrauen will. In der PdL herrscht Katerstimmung. Der zweite Parteikoordinator Ignazio La Russa ist arg unter Beschuss geraten und könnte zum Rücktritt gezwungen werden.

Berlusconi musste wegen der Niederlage herbe Kritik von seinen engsten Vertrauensleuten hinnehmen. "Das private Verhalten des Premiers hat eine Rolle im Wahlausgang gespielt", sagte der Präsident der Region Lombardei, Roberto Formigoni, seit Jahren ein enger Freund des Premiers, wohl in Anspielung an die Sex-Affären Berlusconis und seine Anklage im Ruby-Prozess wegen Prostitution einer Minderjährigen. In die Debatte schaltete sich auch Präsident Napolitano ein, der vor dem Tag der Republik am morgigen Donnerstag die Institutionen zu Zusammenhalt aufrief. In dieser schwierigen Wirtschaftskonjunktur müssten Politik und Institutionen gemeinsam für das Wohl des Landes zusammenarbeiten. (APA)