Moskau - Wegen des Darmkeims EHEC hat Russland ein Import-Stopp für Gemüse aus allen EU-Ländern verhängt. Der Leiter der russischen Verbraucherschutzbehörde, Gennadi Onischtschenko, sagte der Nachrichtenagentur Interfax, der Import-Stopp für frisches Gemüse sei am Donnerstag in der Früh in Kraft getreten. Die EU-Kommission hatte erst am Mittwochabend eine Gesundheitswarnung vor spanischen Gurken aufgehoben.
Die EU-Kommission hat Russland nun zu einer Erklärung für die Verhängung eines Importstopps aufgefordert. Die Entscheidung der russischen Behörden sei "unverhältnismäßig", sagte der für Gesundheit zuständige Sprecher der EU-Kommission, Frederic Vincent, am Donnerstag in Brüssel. "Die Kommission wird einen Brief an die russischen Behörden schreiben, um eine Erklärung zu verlangen." Pro Jahr werde frisches Obst und Gemüse im Wert "zwischen drei und vier Milliarden Euro" nach Russland exportiert, in erster Linie Äpfel.
Großbritannien meldete sieben EHEC-Fälle
In Großbritannien sind sieben Menschen mit dem gefährlichen Darmkeim EHEC infiziert worden. Wie die Gesundheitsbehörde am Donnerstag in London mitteilte, stehen die Fälle im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Infektion in Deutschland. Drei der Infizierten hätten sich vor kurzem in Deutschland aufgehalten, bei den anderen handle es sich um deutsche Staatsbürger.
An dem durch den Erreger ausgelösten hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) starben bereits 16 Menschen in Deutschland sowie eine Frau in Schweden, die sich zuvor in Deutschland aufgehalten hatte.
Skandinavier meldeten Rückgang bei Infektionen
Die Gesundheitsbehörden in Dänemark und Schweden melden rückläufige Zahlen bei den Infektionen mit dem Darmbakterium EHEC. Nach Angaben aus Stockholm von Donnerstag sind bisher 46 Schweden erkrankt. Im Krankenhaus der Kleinstadt Boras war eine Frau Anfang der Woche gestorben.
Die Zahl der Infektionen in Dänemark gab das Kopenhagener Seruminstitut mit 17 an. So gut wie alle Infizierten seien kurz vor ihrer Erkrankung in Deutschland gewesen. "Die Entwicklung ist jetzt ziemlich friedlich", sagte der Institutssprecher Kare Molbak der Nachrichenagentur Ritzau. In Norwegen hat es bis Donnerstag eine nachgewiesene Infektion gegeben.
Arzt: Keine Entwarnung in Hamburg
Rund drei Wochen nach dem Auftreten der ersten EHEC-Fälle gibt es in der besonders betroffenen Stadt Hamburg weiter keine Entwarnung. "Bei uns ist die Lage nach wie vor angespannt", sagte Prof. Jörg Debatin, Vorstandschef des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE).
Zur Zeit würden in der Klinik 102 Patienten mit dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS), einer schweren Komplikation, behandelt. Darunter seien 27 Kinder und fünf schwangere Frauen. "Der Trend, den wir Anfang der Woche erhofft hatten, dass die Anzahl der Neuinfektionen zurückgeht, hat sich leider nicht bestätigt", sagte Debatin. In der Nacht auf Donnerstag starb im UKE eine 81 Jahre alte Frau an den Folgen der Infektion. In Deutschland war es der 17., in Hamburg der 3. EHEC-Todesfall.(APA)