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Für all jene linken oder rechten Globalisierungskritiker, die Zentralbanken als gefährlichen Machtapparat verschwörerischer Eliten betrachten, ist es der Heilige Gral: Regional- oder Komplementärwährungen, die ein Dorf, eine Region, oder eine Gruppe aufrechter Bürger einführt, um untereinander damit zu bezahlen und so beweist, dass es auch ohne Notenbank geht.

Als historisches Vorbild wird meist das Tiroler Wörgl genannt, das in den 1930er-Jahren mit einer eigenen Währung, dem „Freigeld“ inmitten der Weltwirtschaftskrise einen kleinen Boom ausgelöst hat.

Auch im Standard erscheinen alle paar Jahre euphorische Beiträge von wirtschaftlich angehauchten Autoren, die Regionalwährungen - „gesundes Geld“ – als Ausdruck basisdemokratischer Emanzipation oder gar als Ausweg aus der Finanzkrise feiern. Die dabei zitierten aktuellen Beispiele wie der „Waldviertler“, „Klostertaler“ oder „Styrrion“ entpuppen sich allerdings als nicht viel mehr als etwa aufwändige Marketingprogramme für lokale Händler.

Es gibt allerdings einen Ort, an dem Alternativwährungen abgehoben worden: das Internet. Und dort erlebt man auch, welche katastrophalen Folgen sie haben können.

Der Linden-Dollar aus „Second Life“ war nur als Spielgeld wie Monopoly- oder DKT-Scheine gedacht. Dass Spieler begannen, ihm echten Wert zuzuschreiben, war Folge ihrer eigenen Verrücktheit.

Anders die „Bitcoins“, geschaffen von Hackern, die die revolutionären Idealer der Open-Source-Bewegung auf das Währungssystem umlegen wollte. Genauso wie Linux die Vormacht von Microsoft beendet hat, sollen Bitcoins Dollars und Euros ersetzen.

Dieses digital-politische Experiment ist am Wochenende praktisch zusammengebrochen. Nachdem der Wechselkurs wochenlang stark gestiegen ist, setzten panikhafte Verkäufe ein, der Kurs zum Dollar brach um die Hälfte von 29 auf 15 Dollar ein.

Auslöser waren Warnungen von US-Politikern, die ein hartes Durchgreifen gegen die Währung ankündigten, weil diese zum anonymen Drogenkauf im Internet verwendet werden könnte.

 Aber es war auch das typische Ende einer ganz normalen Spekulationsblase, in der links-alternative Hacker genauso agiert haben wie die von ihnen gehassten Wall-Street-Händler: Sie sind in blinder Gier einer Herde gefolgt.

Wirklich betroffen sind davon wahrscheinlich nur einige wenige Tausend Mitspieler. Aber Bitcoin zeigt, was passiert, wenn nicht eine Notenbank ausgestattet mit staatlicher Macht und einem wirtschaftspolitischen Mandat für eine Währung verantwortlich ist. Dann gibt es keine Kontrolle der Geldmenge, keinen wirksamen Schutz gegen Fälschung und keine Regulierung des Marktes.  

Alternativwährungen bedeuten letztlich die Rückkehr zu jener feudalen Frühzeit des Geldes, als einzelne Potentaten Münzen prägten und das System oft für ihre eigenen Zwecke missbrauchten.

Auch das historische Beispiel Wörgl ist aufschlussreich: Die Komplementärwährung war deshalb kurzzeitig wirkungsvoll, weil die Oesterreichische Nationalbank damals wie die meisten anderen Notenbanken in Verkennung der Lage die Geldmenge zu knapp hielten und es so zu einer Deflation kam. Die Zusatzwährung, die automatisch an Wert verlor,  kurbelte die Nachfrage an und half damit ein wenig gegen die Rezession.

Aber Notenbanken haben ihre Lektionen aus den dreißiger Jahren gelernt und in der Weltfinanzkrise die Fehler von damals vermieden. Was ihnen jetzt vorgeworfen wird, ist, dass sie durch zu viel Geldschöpfung eine große Inflation lostreten werden.

Dagegen helfen Alternativwährungen schon überhaupt nichts. Im Gegenteil – sie sind für Inflation noch viel anfälliger. Wer immer sich mit ihnen einlässt, zahlt für seine Kapitalismus- und Notenbank-Skepsis einen hohen Preis.