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Auffanglager für syrische Flüchtlinge in der Türkei: Menschen, die es außer Landes geschafft haben, berichteten von gezielten Attacken auf Zivilisten und Hinrichtungen desertierter Soldaten.

Foto: AP/Hacaoglu

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Ein syrischer Junge im jordanischen Amman demonstriert gemeinsam mit seinen Eltern und weiteren SyrerInnen gegen Machthaber Assad.

Foto: REUTERS/Muhammad Hamed

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Tausende Syrerinnen und Syrer sind von Jisr al-Shughour in die angrenzende Türkei geflohen und suchen in dortigen Flüchtlingscamps Zuflucht.

Foto: Vadim Ghirda/AP/dapd

Präsident Assad setzt weiter auf eine Strategie aus viel Gewalt und wenig Zugeständnissen.

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Damaskus/Kairo - Ohne Opfer unter den Zivilisten habe die syrische Armee die Stadt Jisr al-Shu-ghur und die Dörfer des Distrikts im Nordwesten unter ihrer Kontrolle gebracht, berichteten am Montag die regierungstreuen Medien. Die Armee hatte die Kleinstadt mit mehreren Tausend Mann und fast 200 Fahrzeugen und Panzern von mehreren Seiten angegriffen. Unklar ist, wie viele lokale Aufständische und abtrünnige Soldaten dieser militärischen Übermacht gegenüberstanden. Die Rebellen hatten keine Chance.

Vor den Kämpfen sind bisher rund 7000 Menschen, vor allem Frauen und Kinder, in die Türkei geflohen. Mindestens ebenso viele warten auf der syrischen Seite die Entwicklung ab. Obwohl die türkische Armee versucht, die syrischen Flüchtlinge möglichst von den internationalen Medien abzuschirmen, kommen doch mehr und mehr Augenzeugenberichte an die Öffentlichkeit.

Einige trotzen allen Einschüchterungen des Regimes und zeigen sogar ihre Identitätskarten. Unter ihnen sind auch abgesprungene Soldaten, die berichten, wer den Befehl verweigert hätte, gegen Zivilisten vorzugehen, werde durch Genick- oder Brustschuss von der Armee erschossen. Es häufen sich auch die Hinweise, dass aufseiten des Regimes, Iraner - sie fallen auf, weil sie kein Arabisch sprechen - helfen, die Demokratiebewegung niederzuschlagen.

Die Versuche der Regierung in Damaskus, seine Version der Ereignisse zu verbreiten, wirkten teilweise kafkaesk, etwa wenn die Sprecherin eine Flüchtlingswelle leugnete und von Verwandtenbesuchen sprach.

Der Aufstand in Jisr al-Shughur ist zwar keine wirkliche Bedrohung für die Regierung von Ba-shar al-Assad, aber als Folge der Militäraktion steigt der internationale Druck. Sogar der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan, bisher ein enger Verbündeter, hat sich nun klar distanziert.

Die Gemüter beruhigen

Assad lässt sich bis jetzt aber durch nichts und niemanden vor seiner Strategie abbringen. Sämtliche Demonstrationen werden mit Gewalt niedergerungen. Im Gegenzug versucht er mit kleinen Zugeständnissen, die Gemüter zu beruhigen.

So hat die Regierung in Hama nicht nur eine gigantische Statue von Hafez al-Assad, dem Vater des jetzigen Präsidenten, der in den 80er-Jahren einen Aufstand blutig niederschlagen ließ, vom Sockel geholt und abtransportiert. Es soll auch eine Untersuchung eingeleitet werden über die Ereignisse an einer Freitagsdemonstration, als es in Hama über 80 Tote und 500 Verletzte gab. Zudem wurde gegen einen Cousin des Präsidenten, der in Deraa Sicherheitschef war, und gegen den Ex-Gouverneur der Provinz ein Reiseverbot erlassen. Es gebe für niemanden Immunität, der sich etwas habe zu Schulden kommen lassen, hieß es offiziell.

Ein US-Student hat sich inzwischen als Verfasser eines von Tausenden verfolgten Blogs geoutet, in dem angeblich eine junge Frau aus Damaskus über den Alltag und die Unruhen in Syrien schrieb. Der in Schottland lebende Tom MacMaster entschuldigte sich am Sonntag dafür, dass er im Netz als "Amina Abdallah Arraf" auftrat. (Astrid Frefel/DER STANDARD, Printausgabe, 14.6.2011)