
Natürlicher Stimmungsaufheller: Figurengruppe des belgischen Designers Walter van Beirendonck in der Schau "Anti-Depressiv".
Wien - Vertraut man Experten und geht davon aus, dass Bewegung Depressionen vertreibt, ist die Treppe, die in der Galerie Peithner-Lichtenfels zwei Stockwerke tief in den Keller führt, ein erster Schritt in die richtige Richtung. Zunächst muss man jedoch an der Arbeit Daniel Spoerris vorbei, der im Kampf gegen die Volkskrankheit Nummer eins offenbar eher der Antibabypille als dem "Positivum" vertraut: Ein Storch trägt in seinem weißen Bündel das metallene Skelett eines Babys.
Ganz so morbid und "anti-anti" geht es in der Schau aber nicht weiter, denn gleich daneben werden Stimmungsschwankungen produktiv umgesetzt: Bad Mood, Angry and Good Mood Painting titeln Christian Stocks Kleinformate. Je nach Stimmung bemalt er diese tagtäglich mit einer pinken, braunen oder grünen Farbschicht.
In der Ausstellung, in der der Künstler viele junge, aber auch einige etablierte Positionen (u. a. West/Wurm) versammelt hat, ist man immer wieder mit freundlichen Farben und dem in diesem Zusammenhang sympathischen, wenngleich unausgesprochenen Motto "Nimm's nicht so schwer / ernst" konfrontiert. In den unteren Geschoßen steht dafür etwa Franco Kappls Dancefloor, der diesmal keine Gemälde, sondern ein Stück seines farbbeklecksten Atelierbodens zeigt, oder auch die Figurengruppe Triple X von Walter van Beirendonck: Dass unter poppigen Stoffen nur erigierte Penisse sichtbar sind, lässt Rückschlüsse auf van Beirendoncks Interessen zu, die man besser unpolitisch, nämlich jenseits der Schleierthematik als individuelle "Anti-Depressiva" begreift.
Um die Schwermut zu verdrängen, scheinen überhaupt die Mittel der Popkultur sehr geeignet zu sein: Palindrom heißt ein Fetischobjekt Jutta Koethers, Popplanet nennt Maler Jürgen Paas seine knallig-bunte Wandinstallation. Die schwarze Sphinx von Herbert de Colle und Hannes Ribarits könnte auch ein extragroßer, magischer Glücksbringer sein.
In einer die Seele umkreisenden Präsentation darf zudem die Sprache nicht fehlen: Ganz unten angelangt, wird auf der Treppe der Satz "Can I touch you friend?" von Gregor Eichinger lesbar. Die junge Künstlerin Marusa Sagadin spricht mit ihrer Collage die allgemeine Verwirrtheit durch zu viel Ablenkung an. Nach Jahren im Kunstbetrieb weiß Anna Jermolaewa hingegen, wann Der Berg ruft, und Ekaterina Shapiro-Obermair lädt mit feinen Collagen ebenfalls zu Relaxtheit und One more cup of coffee? ein. (Christa Benzer/ DER STANDARD, Printausgabe, 16.6.2011)