Brüssel/Eupen/Den Haag - Zu den großen Verlusten der
Grünen bei der belgischen Parlamentswahl schreibt die Tageszeitung
"De Morgen"
aus Brüssel am Montag: "Vier Jahre nach der Dioxin-Krise
und dem dazugehörigen Monstersieg verlieren die Grünen den
Löwenanteil der Wähler an die Sozialisten. ... Die grünen Ideen sind
vielleicht nicht tot und begraben, doch die grünen Wähler strömten
massenhaft in Richtung sozialistische Listenverbindung Sp.A-Spirit.
In manchen Wahlbezirken war der Gewinn der Sozialisten genau das
Spiegelbild des Verlusts der Grünen. Bei der Wahl 1999 gab es eine
Völkerwanderung von progressiven sozialistischen Wählern zu Agalev,
der flämischen grünen Partei. Diesmal passierte die umgekehrte
Bewegung."
"Regenbogen verliert an Farbe"
Die deutschsprachige Tageszeitung
"Grenz-Echo"
aus dem
ostbelgischen Eupen: "Der Regenbogen hat am Sonntag eine seiner
Farben verloren. ... Für die Grünen hat eine schwierige Zeit des
Sich-in-Frage-Stellens begonnen. Welch ein Kontrast zwischen dem Tief
bei den Grünen und der Zufriedenheit, die am Sonntag sowohl die
Liberalen als auch die Sozialisten ausstrahlten. ... Nicht untergehen
darf die Sorge um das Erstarken der Rechtsextremisten auch in
Wallonien, denn diese konnten selbst ohne Werbung noch deutlich
zulegen. Dass es ihnen in Flandern mit dem Vlaams Blok gelingen
würde, war allgemein befürchtet worden."
"Untergrundarbeit"
Mit dem Erstarken der Rechtsextremen im Süden Belgiens befasst
sich auch die Zeitung
"La Libre Belgique"
aus Brüssel: "Man glaubte
den Bazillus der Rechtsextremen in der französischen Gemeinschaft
ausgerottet. Er lag aber nur in einer Lethargie. Gestern, in der
Abgeschiedenheit der Wahlkabinen, ist er wieder aufgewacht. ... Die
Untergrundarbeit des Front National darf sicher nicht unterschätzt
werden, aber ihren Erfolg verdankt die Partei in erster Linie dem,
was sie eigentlich darstellt: Eine Stimme des Protests, eine Stimme
gegen das Establishment."
"Wunsch nach Stabilität"
In den Niederlanden schreibt das unabhängige "Algemeen Dagblad"
(Den Haag): "Hinter diesem Wahlausgang versteckt sich der Wunsch nach
Stabilität. Auf beiden Seiten der Sprachgrenze verstärkten Liberale
und Sozialisten ihre Positionen, wobei vor allem der Zuwachs bei den
Letzteren auffällt. ... Die größte Herausforderung für das neue
Kabinett bildet die Aufgabe, die große Unzufriedenheit zu beseitigen,
die große Teile der Flamen dem Vlaams Blok in die Arme treibt. Dass
auch diese rechtsextreme Partei von Filip Dewinter erneut einen
Zuwachs der Stimmen erreicht hat, deutet auf eine Unterströmung in
der flämischen Gesellschaft hin, die die Anwesenheit von vielen
Ausländern nicht verträgt. ... Belgien muss sich mehr noch als bisher
um Integration und Möglichkeiten zur Einbürgerung bemühen. Guy
Verhofstadt muss jetzt wahrmachen, was er früher versprochen hat: den
Rechtsextremen den Wind aus den Segeln nehmen." (APA/dpa)