Belgrad - Wenige Wochen nach der Aufhebung des Ausnahmezustandes, der nach der Ermordung von Regierungschef Zoran Djindjic am 12. März verhängt worden war, kommen in Serbien die Rivalitäten zwischen den führenden Politikern und Parteien erneut verstärkt ans Tageslicht. Dabei hatten gerade die Streitigkeiten zwischen dem früheren jugoslawischen Staatschef Vojislav Kostunica und Djindjic bzw. ihrer Parteien im Vorjahr die Reformprozesse stark beeinträchtigt. Nun scheint der Machtkampf zwischen der Demokratischen Partei an der Spitze mit Djindjic-Nachfolger Zoran Zivkovic und der Anfang des Jahres gegründeten Expertenpartei "G17plus" ausgebrochen zu sein.

Die serbische Regierung hat vergangene Woche die Mitgliedschaft von führenden "G17plus"-Politikern in der Regierungsagentur für Banksanierung und -liquidation nicht erneuert. Zivkovic wollte sich zunächst die Meinung seiner Demokratischen Partei (DS) zum Vorschlag des Notenbankpräsidenten Mladjan Dinkic einholen, wonach der ehemalige Minister für Außenwirtschaft, Miroljub Labus, Vizepräsident der Notenbank, Radovan Jelasic, und die Mitarbeiterin der Notenbank, Vesna Arsic, die bisherigen Agenturposten behalten sollten. Alle drei gehören zur Expertenpartei an, deren Chef Labus ist.

Keine vorgezogene Wahl

Der Ex-Minister war im Vorjahr aus der DS, wo er eine Zeit lang Stellvertreter von Djindjic war, ausgetreten, nachdem sie seinen Präsidentschaftswahlkampf nicht entsprechend unterstützt hatte. Die "G17plus" gilt derzeit als eine der drei führenden politischen Parteien Serbiens - gleich hinter der DS und der Demokratischen Partei Serbiens (DSS) von Kostunica. Eine Koalition der Expertenpartei mit der Partei von Kosutnica dürfte die Position der DS bei einer möglichen vorgezogenen Wahl ernsthaft gefährden. Zivkovic hatte am Sonntag allerdings wiederholt die Möglichkeit einer vorgezogenen Wahl ausgeschlossen. Seine Partei will offenbar die starke Konkurrenz im Vorfeld bekämpfen.

Inzwischen scheint auch Notenbankpräsident Dinkic, ebenfalls "G-17plus"-Führungsmitglied, in seinem Amt nicht mehr sicher zu sein. Aus der Regierung verlautete vergangene Woche, dass gemäß einem neuen Notenbank-Gesetz Dinkic den Posten verlieren dürfte. Der Notenbankpräsident soll demnach ein Parteiloser sein, der eine zehnjährige Berufserfahrung im Bankwesen aufweist. Dinkic erfüllt diese im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen nicht.

Gerüchte bestritten

Zivkovic hat unterdessen Gerüchte bestritten, wonach der Gesetzesentwurf in seinem Kabinett vorbereitet worden sei. Dies sei die Aufgabe von Finanzminister Bozidar Djelic gewesen, sagte Zivkovic. Djelic wiederum hat am Montag gegenüber dem Sender "B-92" erklärt, dass seinen Erkenntnissen nach der Gesetzesentwurf noch vor dem Tode Djindjics in dessen Kabinett entstanden sei. "Sollte ich in die Situation kommen, zwischen den Freunden und dem Ministerposten zu wählen, so weiß ich, was ich tun werde", versicherte Djelic, der seinen Posten vor zwei Jahren auf Vorschlag der damaligen Expertengruppe "G17plus" bekommen hatte. Die Expertengruppe hatte wesentlich zum Erfolg der Djindjic-Regierung beigetragen. Zivkovic läuft nun Gefahr, ohne wichtige Experten in seinem Team den politischen Kampf gegen die "G17plus" fortsetzen zu müssen. (APA)