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Sarajewo/Warschau - Die EU scheint über das bilaterale Abkommen zwischen Bosnien-Herzegowina und den USA über die Nicht-Auslieferung von US-Bürgern an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag wenig erfreut zu sein. "Wir bedauern sehr, dass Bosnien den EU-Mitgliedsstaaten in dieser Frage nicht gefolgt ist", erklärte Frane Maroevic, Sprecher der EU-Kommission in Sarajewo, nachdem Bosnien am Freitag als drittes europäisches Land (nach Albanien und Rumänien) diese Abkommen unterzeichnet hat. Maroevic befürchtet zudem, dass sich dieser Schritt hinsichtlich Bosniens EU-Bestrebungen auswirken werde.

Die Sprecherin des bosnischen Außenministers Mladen Ivanic sah dies aber anders: "Wir bleiben Europa ebenso verpflichtet wie den USA", betonte Miranda Sidran-Beslagic. Das in Sarajewo unter Anwesenheit von US-Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz unterzeichnete Abkommen sei "im besten Sinne Bosniens". Die bosnische Regierung verspricht sich durch diesen Vertragsschluss vor allem die Unterstützung Washingtons bei der Aufnahme in das Nato-Programm "Partnerschaft für Frieden".

Zuspitzung

Ein knappes Jahr nach Einrichtung des Strafgerichtshofs in Den Haag im Juli 2002 spitzt sich der transatlantische Streit um das Weltgericht mit der bosnischen Zustimmung zur Straffreiheit von US-Bürgern weiter zu. Während sämtliche EU-Staaten das Statut unterzeichnet haben, lehnt die US-Administration von Präsident George Bush das Gericht ab, weil sie politisch motivierte Anklagen gegen US-amerikanische Soldaten und Diplomaten fürchtet. Bei Nichtunterzeichnung hatte der US-Botschafter in Sarajewo, Cliffard Bond, der bosnischen Regierung mit der Einstellung sämtlicher Militärhilfen und dem Abzug der knapp 2.000 US-Soldaten aus der Bosnien-Schutztruppe SFOR gedroht.

Bosnien ist der 33. Staat, der den USA die Nichtverfolgung ihrer Staatsbürger vor dem Gericht in Den Haag zugesichert hat. Das Statut unterzeichnet haben weltweit 78 Staaten. Besondere Brisanz gewinnt die Unterschrift allerdings erst durch die Tatsache, dass die Regierung in Sarajewo den EU-Beitritt bis 2009 anstrebt.

Mazedonien unter Druck

Und auch in Mazedonien, wo Wolfowitz am Wochenende für die Unterzeichnung eines derartigen Abkommens warb, gerät Ministerpräsident Branko Crvenkovski zunehmend unter Druck Brüssels, das alle potenziellen Beitrittskandidaten zur Unterstützung des Strafgerichtshofs aufgefordert hat. So drohte der EU-Gesandte in Skopje, Alexis Brouhns, mit Verzögerungen bei der Integration in die Union, sollte Skopje der Freistellung von US-Bürgern zustimmen. Die USA wiederum drohen mit der Einstellung von mehr als zehn Millionen US-Dollar Militärhilfe bei Nichtunterzeichnung des Deals. Die mazedonische Außenministerin Ilinka Mitreva drängt angesichts der schwierigen Lage auf eine Entscheidung des Parlaments.

Bemühungen Prodis

EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat bei einem Besuch im Beitrittsland Polen am Montag Befürchtungen über eine anti-amerikanische Haltung der EU zu zerstreuen versucht. Gleichzeitig beharrte Prodi auf der EU-Forderung nach einer stärkeren Einbindung der Vereinten Nationen beim Wiederaufbau Iraks, die die USA ablehnen. Polen soll im Irak eine von drei Militärzonen kontrollieren und legt Wert auf eine enge Zusammenarbeit Europas mit den USA. Im Juni stimmt die Bevölkerung über den EU-Beitritt im kommenden Jahr ab.

"Wir haben beide die Notwendigkeit freundlicher und starker Beziehungen zu den USA und einer stärkeren Rolle der UN in Nachkriegs-Irak betont", sagte der Chef der EU-Kommission nach einem Gespräch mit dem polnischen Ministerpräsidenten Leszek Miller. (APA/AP)