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Archivbild von Haider und Gusenbauer aus dem Jahr 2001

foto: apa/jaeger

Wien - Schwarz-Blau hat die Mehrheit längst verspielt - zumindest in den Meinungsumfragen. Laut market überholte die SPÖ die ÖVP. Rot-Grün würde demnach 52 Prozent erreichen. Sogar für Rot-Blau wären 50 Prozent drinnen, während Schwarz-Blau nur mehr auf 46 Prozent kommt.

Deshalb geht es derzeit für die SPÖ auch um mehr als nur um das Kippen der Pensionsreform: Stürzt die Regierung gleich mit, könnte die politische Landschaft in Österreich neu geordnet werden. Das scheint auch der Grund zu sein, warum in der SPÖ über den Parallelslalom Jörg Haider/Alfred Gusenbauer nicht gemault wird. Selbst rote Paradeintellektuelle wie Caspar Einem haben es ausdrücklich gut geheißen, im Falle der Pensionsreform gemeinsame Sache mit dem schärfsten politischen Gegner zu machen.

Und die Basis? Gleichfalls ruhig. "Überhaupt keine Anrufe" und "keinerlei Kritik" wurden in der SPÖ-Zentrale dazu registriert. Ob man sich auf Neuwahlen vorbereite? "In Zeiten wie diesen muss man immer dafür gerüstet sein."

In der ÖVP hingegen verbirgt man die Nervosität über den rot-blauen Flirt hinter beißendem Hohn: "Wo sind denn jetzt Andre Heller und die Superempörer, die jeden verdammt haben, der eine Gesprächsbasis zu Jörg Haider aufrechterhalten hat", fragt man in der Umgebung des Kanzlers. "Jetzt heiligt plötzlich der Zweck die Mittel?" An Koalitionsbruch will die ÖVP dennoch nicht glauben. Die FPÖ würde dann ja vom Wähler ein zweites Mal bestraft.

In den letzten Tagen hatte es aber auch andere Gerüchte gegeben: Haider, der keine Lust auf eine erwartbare Niederlage nächstes Jahr in Kärnten habe, könnte als Vizekanzler den Platz von Herbert Haupt einnehmen, der dann nur mehr Sozialminister wäre. Haupt könnte dieses Szenario recht sein - für seinen Sprecher ist das aber nicht mehr als ein "Latrinengerücht".

Auffallend ruhig verhalten sich die Grünen: Sie profitieren nach wie vor vom Effekt, durch die Sondierungsgespräche "hoffähig" geworden zu sein. Der oft kolportierte "fliegende Wechsel" Schüssels in Richtung Schwarz-Grün scheint allerdings völlig unrealistisch zu sein. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.5.2003)