Eben erst wurde MCI, das früher WorldCom genannte Telekomunternehmen, das für den größten Bilanzbetrug und die größte Pleite der Geschichte sorgte (Elf-Milliarden-Dollar-Betrug), zur größten Wirtschaftsstrafe aller Zeiten (1,5 Milliarden Dollar, von denen nur 500 Millionen einbringlich sein werden) verurteilt. Da erscheint uns das Ausmaß der durchschnittlichen heimischen Wirtschaftskriminalität mit 400.000 bis 500.000 Euro pro Firma, die Opfer krimineller Machenschaften wurde, bescheiden - das Böse gibt es eben auch in Österreich zwangsläufig bescheidener. Aber die Fakten dahinter, soweit bekannt, geben zu denken: Jede zweite Firma soll davon betroffen sein, dass die eigenen Mitarbeiter in die Kasse greifen oder Bilanzen manipulieren. Die Hälfte des Schadens verursacht übrigens eine kleine Gruppe (13 Prozent) der Täter, die dem oberen Management angehören.

Keine Konsequenzen

Und aus dem Schaden werden nur wenige klug: Die Hälfte der aufgedeckten Kriminalität wird nicht angezeigt, quasi in der Familie geregelt, und fast die Hälfte der einmal gebrannten Firmen zieht keine Konsequenzen. Keine vorbeugenden Maßnahmen, keine klaren Spielregeln, was erlaubt und was verboten ist (etwa bei der Geschenkannahme, die sich in Bestechung auswachsen kann), keine systematischen Kontrollen, um Unregelmäßigkeiten in einem frühen Stadium zu entdecken.

Ignoranz

Solche Ignoranz eines erheblichen Teils der Unternehmen kommt grober Fahrlässigkeit gleich. Denn Opfer sind nicht nur die betroffenen Firmen, sondern - vor allem bei anschließenden Pleiten - Mitarbeiter, Kunden und Eigentümer. Eine Anzeigepflicht ab einer bestimmten Schadenshöhe ist darum nötig. Denn nicht selten werden nur die kleinen Fische zur Rechenschaft gezogen, die großen aber schwimmen frei. (DER STANDARD, Printausgabe 21.5.2003)