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Fast jeder vierte Schüler hat Probleme beim Lesen.

AP Photo/Joerg Sarbach

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Grafik: APA

Wien - Was die Pisa-Studie schon nahelegte, hat der Stadtschulrat jetzt flächendeckend erhoben: Die Wiener Schüler haben erhebliche Lesedefizite. 24 Prozent der Zehnjährigen befinden sich in der sogenannten Risikogruppe, haben also Schwierigkeiten beim sinnerfassenden Lesen. Bei den 14-Jährigen sind es 19 Prozent. Sieben bis zehn Prozent der getesteten Kinder haben "extreme Probleme", sprich: Ihnen fehlen die elementarsten Lesefähigkeiten.

Anfang April wurde die Lesekompetenz aller Wiener Schüler in der 4. und 8. Schulstufe getestet, 100.000 Euro hat sich der Stadtschulrat diese Erhebung kosten lassen. Für Günter Haider, dessen Institut Bifie die Tests durchgeführt und ausgewertet hat, ein "Meilenstein" - denn im Gegensatz zu Pisa, das aufgrund der Stichprobenerhebung bloß ein Monitoring liefere, habe man nun erstmals in Österreich individuelle Ergebnisse, an die man direkt anknüpfen könne, um die Schüler zu fördern.

Genau das hat der Stadtschulrat nun vor. Jedes Kind erhält kommende Woche sein Ergebnis, das aber keine Auswirkungen auf die Noten hat. Für die meisten Teilnehmer am Test steht im Herbst ein Schulwechsel an; die neuen Lehrer werden über mögliche Leseschwächen informiert, in der zweiten Schulwoche gibt es dann eine "Startwoche Lesen", für die die Lehrer geschult werden, um individuelle Probleme besser diagnostizieren zu können.

Eine radikale Maßnahme wird bei den allerschlechtesten Lesern ergriffen: Sie werden im Herbst für einige Wochen aus dem regulären Unterricht herausgenommen und sollen in einem "Crashkurs" ihre Lesefähigkeiten verbessern. Denn, so argumentiert Stadtschulratspräsidentin Susanne Brandsteidl (SP), wer nicht lesen könne, könne in den anderen Fächern ohnehin nicht folgen. Bis Weihnachten erhofft sie sich eine deutliche Verbesserung, dann sollen die Lesefähigkeiten der Risikoschüler wieder überprüft werden.

Das Datenmaterial will sich Brandsteidl genau anschauen, etwa im Hinblick darauf, ob Kinder in Ganztags- oder Halbtagsschulen besser abschneiden. Eine Auswertung nach Migrationshintergrund wird es nicht geben.

Schlechte Chancen

Die OECD hat am Freitag eine Pisa-Analyse veröffentlicht, laut der in Österreich Schüler aus sozial schwachen Familien unterdurchschnittlich schlechte Chancen haben, es in das obere Leistungsviertel zu schaffen. Hierzulande gelingt das jedem Fünften, OECD-weit ist es jeder Dritte. (Andrea Heigl, STANDARD-Printausgabe, 18./19.6.2011)