Wien - Mit Richard "Staberl" Nimmerrichter greift die "Kronen Zeitung" auf einen alten Haudegen aus Hans Dichands wilden Kampagnenzeiten zurück, und holt einen 90-jährigen Pensionisten an Bord, der von sich selbst sagt: "Ich bin out." Im Mai 2001 erschien die letzte "Staberl"-Kolumne in der "Kronen Zeitung" - nun soll "Hausmasters Voice", wie Nimmerrichter zu journalistisch aktiven Zeiten genannt worden war, wiederbelebt werden.

Den Ruf eines Brachial-Kolumnisten hat sich Nimmerrichter über 36 Jahre lang verdient. Von 1965 bis 2001 polarisierte er mit seinen täglichen "Staberl"-Kolumne die Öffentlichkeit. Den einen galt er als mieselsüchtige, misanthrope "Zuchtrute der Nation", den anderen als einer, der sich traut, der Stimme des Volkes Gehör zu verleihen. Immer wieder beschäftigte er den Presserat und musste mehr als einmal vor Gericht erscheinen. Als ein Gericht 2004 der größten österreichischen Tageszeitung "antisemitische und rassistische Untertöne" attestierte, wurden für diesen Befund etliche "Staberl"-Kolumnen als Beleg angeführt.

Antisemitismus und Ausländerhass

Antisemitismus und Ausländerhass unterstellten ihm seine Gegner, nicht zuletzt anlässlich Behauptungen wie 1992, als er über den Holocaust und die "Methoden eines Massenmordes" räsonierte und dabei zu dem Schluss kam: "Nur verhältnismäßig wenige der jüdischen Opfer sind vergast worden." Im Jahr 2000 beklagte er, dass das Wort "Neger" mittlerweile verfemt sei: "Von einem, der dieses Vokabel verwendet, ists ja nimmer weit zum Alt- oder Neonazi und von dort wiederum nur ein kleiner Hupfer hin zum Antisemiten. Leider ist der Ächtung des Wortes 'Neger' nie eine einleuchtende Begründung mitgeliefert worden."

Der Schriftstellerin Elfriede Jelinek diente Nimmerrichter als Inspiration für ihr Stück "Stecken, Stab und Stangl", das in Reaktion auf einen rechtsextremen Bombenanschlag im Burgenland im Jahr 1995 entstand und in das sie zahlreiche "Staberl"-Zitate einbaute. Auch im Titel findet "Staberl" seinen Niederschlag. Nimmerrichter selbst wies Antisemitismus-Vorwürfe stets scharf zurück.

Große Koalition negativ

Offen schrieb er Zeit seines Berufslebens allerdings gegen Linke, Liberale und Political Correctness und trat gegen die Große Koalition und für FPÖ-Chef Jörg Haider als Hecht im politischen Karpfenteich auf. Wenig überraschend beurteilte er erst im vergangenen Jänner anlässlich seines 90. Geburtstags auch die amtierende Große Koalition durchwegs negativ: "Ich bin gar nicht überrascht über die mäßige Darbietung", deren Nutznießer FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sei. "In manchen Belangen scheint es mir so, dass die Koalitionspartner sich bemühen, Strache zum Erfolg zu bringen."

Nimmerrichters vorerst letzte Kolumne in der "Kronen Zeitung" erschien am 1. Mai 2001. Als Grund für den damals überraschenden Abschied wurde über Meinungsverschiedenheiten mit "Krone"-Chef Hans Dichand spekuliert. Dichand soll damals die Veröffentlichung einer Kolumne verweigert haben, in der "Staberl" Jörg Haider in der Auseinandersetzung mit Ariel Muzicant unterstützte. "Staberl" wies diese Vermutungen damals allerdings ins Reich der Spekulation: "Blanker Blödsinn! Ich werde 81, auch ich darf einmal ein Pensionist werden!"

Auch zehn Jahre später hielt er noch an dieser Entscheidung fest und betonte anlässlich seines 90. Geburtstages, er vermisse die "Krone" nicht. Auch seinem ehemaligen Chef Hans Dichand weint Nimmerrichter nicht nach: "Ich habe immer gesagt, dass es ohne Dichand genauso geht, wie es auch ohne Staberl immer gegangen ist." Zumindest "Krone"-Chefredakteur Christoph Dichand scheint anderer Meinung zu sein - er holt Nimmerrichter, der am 31. Dezember 1920 geboren wurde, aus der Pension in die Muthgasse zurück. (APA)