Joseph Klafter (Uni Tel Aviv, re.) und Minister Karlheinz Töchterle.

Foto: STANDARD/Rauchenberger (annarauchenberger.com)

Tel Aviv / Jerusalem / Wien - Das "israelische Geheimnis" für Nobelpreise und tausende Patente? "Es basiert auf dem Bildungssystem", verriet der Präsident der Tel Aviv University (TAU), Joseph Klafter, seinem Gast aus Österreich freimütig. In Bill Clintons Worten hätte das vielleicht so geklungen: "It's the education system, stupid!"

Und es braucht eine Grundstimmung in einem Land, in der Bevölkerung, die quasi "in the air" ist, in der Luft liegt, sagte der TAU-Chef. Auch die Israelis könnten "Innovation nicht lehren, aber wir können sie den Studierenden erklären", dann passiert sie auch.

Wer Israel besucht und die Forschungs- und Wissenschaftsszene in Augenschein nimmt wie Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle, dem wird eines immer wieder auffallen: Selbst "wissenschaftsferne" Menschen, die ihr Lebtag mit Forschung selbst nichts zu tun hatten, sind stolz auf die Wissensleuchttürme des kleinen Landes, die weltweit zu den Besten gehören. Dass Investitionen in Bildung und Forschung auf der politischen Agenda ganz oben stehen, ist da selbstverständlich - in einem Land, das permanent im Krisenzustand leben muss.

Einer dieser weltberühmten Orte, an denen Top-Grundlagenforschung betrieben wird, ist das Weizmann Institute of Science (WIS): "Israels cutting edge Institute" nannte es Präsident Daniel Zajfmann. 1949 gegründet, wurde es binnen sechs Jahrzehnten zu einer Wissensmaschine der Extraklasse. 1400 angemeldete Patente, 169 Abkommen mit israelischen Firmen und 42 Unternehmensgründungen.

Und auch hier wieder die Frage nach den Hauptfaktoren für diesen Erfolg. "Von Neugier angetriebene Forschung", sagte Daniel Zajfmann, "und Leidenschaft". Und, "das Wichtigste": "Die richtigen Mitarbeiter." Wer die richtigen Mitarbeiter will, braucht die richtigen Studierenden, die muss er aber auch richtig behandeln, will heißen: ein schöner Campus. "It does inspire the people." 250 Professoren für 1000 graduierte Studierende. Handverlesen, keine Studiengebühren: "Wir zahlen für sie, daher müssen wir sie auch aussuchen", sagte der WIS-Präsident: "Wir wollen einfach Topqualität erreichen." Die braucht Luft zum Atmen, und das ist "Freedom to think", absolute Freiheit zum Denken und Forschen: "One of the highest value, not a cheap one." Extrem wichtig, nicht billig, unbedingt zu verteidigen.

Apropos "nicht billig": Wer israelische Unis besichtigt, wird an fast jedem Gebäude eine Tafel mit den Namen von Mäzenen finden, die ihr Geld statt in Immobilien oder Rennstrecken in die Bildung stecken. Das Weizmann Institute hat für 2011 ein Budget von 200 Millionen Euro, ein Drittel kommt vom Staat, ein Viertel wird von den Wissenschaftern über Forschungsförderpreise (Grants) eingeworben, der Rest sind Spenden. Im "Endowment Fund" des WIS, aufgefüllt von Philantropen, liegen derzeit 1, 2 Milliarden Euro, 65 Prozent dieses Geldes werden nie investiert: "You have to grow it and keep it." Quasi die sehr hohe Kante des Weizmann-Instituts.

Und dass genug Nachwuchs in einem wissenschaftsfreundlichen Umfeld heranwachsen kann, darum kümmern sich die "Weizmänner" auch: Das 2001 gegründete Davidson Institute for Science Education leistet Wissenschaftsvermittlung "für Null- bis 120-Jährige", denn, so berichtete Zajfmann: "Alle in diesem Land sind in diesem Feld sehr aktiv."

Welcher österreichische Uni-Rektor kann das behaupten? (Lisa Nimmervoll, STANDARD-Printausgabe, 24.6.2011)