Mannschaftsfoto von Rapid Wien, 1941 gewannen die Grün-Weißen die "Großdeutsche Meisterschaft".

Foto: Rapidmuseum

Wien - Anlässlich des 70-jährigen Jubiläums des Rapid-Erfolgs über Schalke 04 im Finalspiel um die Großdeutsche Meisterschaft 1941 und des Jahrestags des Angriffs auf die Sowjetunion durch Hitler-Deutschland sind am Mittwoch auf einer mehrstündigen Tagung in Wien die Verbindungen der Wiener Fußball-Clubs zum Nationalsozialismus im Mittelpunkt gestanden. Als Veranstaltungsort diente das Hanappi-Stadion, die Heimstätte des SK Rapid, der sich als erster Bundesliga-Verein mit seiner Rolle im Nazi-Regime beschäftigte.

In diesem Zusammenhang hatten die Politikwissenschaftler Georg Spitaler und Jakob Rosenberg, Redakteure des Fußball-Magazins "ballesterer", im März eine Studie mit dem Titel "Fußball unterm Hakenkreuz, 70 Jahre Großdeutscher Meister Sportklub Rapid" veröffentlicht. Darin kam das Duo zum Schluss, dass Rapid samt seinen Funktionären und Spielern wohl in die Alltags-Geschehnisse im Dritten Reich verstrickt war, aber keine besonderen Leichen im Keller liegen hatte.

Legendäres Duell

Diskutiert wurde am Mittwoch vor allem über das legendäre Duell in Berlin zwischen Rapid und Schalke am 22. Juni 1941, das Außenseiter Rapid nach 0:3-Rückstand mit 4:3 gewann. Um das Spiel ranken sich zahlreiche Mythen - so wurde zum Beispiel von Schalker Seite kolportiert, dass Rapid das Match gewinnen sollte, um die Bevölkerung in der "Ostmark" nach dem nationalsozialistischen Angriff auf die Sowjetunion ruhig zu halten.

In Wien wurde beklagt, dass die siegreiche Mannschaft zur Strafe an die Front versetzt worden sei. Beide Thesen lassen sich nicht belegen, wie Hardy Grüne, Autor einer Schalke-Vereinschronik, sowie Rosenberg und Spitaler ausführten. Auch der 90-jährige Überraschungsgast Leopold Gernhardt, einziger noch lebender Spieler der damaligen Rapid-Mannschaft, tat die Schiebungsgerüchte als "Unfug" ab.

Fragezeichen in violetten Annalen

Für Diskussion sorgte der Historiker David Forster in seiner Analyse zur Geschichte der Wiener Austria unter dem Hakenkreuz. "Der Verein muss sich - so wie Rapid - ehrlich und offensiv seiner Geschichte stellen", forderte der Wissenschaftler. Schließlich stehen auch in den violetten Annalen von 1938 bis 1945 einige Fragezeichen. Die umstrittene Geschichte von Wunderteam-Star Matthias Sindelar - über den zahlreiche Widerstandserzählungen existieren, der aber gleichzeitig von der Arisierung eines Kaffeehauses profitierte - bezeichnete Forster in Anspielung an den österreichischen Opfermythos als "Fall Waldheim des Fußballs".

Auch die Vienna möchte ihre Geschichte in der NS-Zeit aufrollen, wie Historiker Alexander Juraske von der Universität Wien berichtete. Der älteste Fußball-Club Österreichs gewann 1943 den Tschammer-Pokal (benannt nach dem obersten NS-Sportfunktionär Hans von Tschammer und Osten).

Diskussionen über die Verbindungen zwischen deutschen Nazi-Größen und dem Wiener Fußball, ein Vergleich zwischen der österreichischen Situation mit jener in der besetzten Tschechoslowakei und ein Blick auf das Prater-Stadion, das den Nazis auch als Deportationslager gefangener Juden gedient hatte, rundeten die Konferenz ab. Conclusio der Wissenschaftler: Der großteils ungehinderte Fußballbetrieb sollte im Nazi-Regime den Anschein von Normalität erwecken - in Zeiten der totalitären Diktatur. (APA)