Wien - Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Einhebung der Wertpapier-KESt (Kursgewinnsteuer) ab Oktober 2011 aufgehoben. Allerdings teilte das Höchstgericht die inhaltlichen Bedenken der 14 Banken gegen die Steuer nicht, die eine Individualbeschwerde beim VfGH eingebracht hatten. Die Tatsache der Besteuerung von Kursgewinnen und die Heranziehung der Banken für die Einhebung ist verfassungsrechtlich unbedenklich. 

Neustart ab April 2012

Die Regierung hat das Urteil bereits erwartet: Einer im Parlament liegenden Regierungsvorlage zufolge soll die Einhebung erst ab 1. April 2012 starten. Damit werden nach Ansicht der Kreditwirtschaft die Umsetzungsprobleme aber nicht gelöst.

"Die Banken verdienen an dem Vorgang, der der Besteuerung unterworfen wird, ja selber und insofern ist es ihnen zumutbar, dass man sie heranzieht zur Abfuhr dieser Steuer", sagte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Freitag bei einer Pressekonferenz. Vor neun Tagen hatten die Verfassungsrichter in einer öffentlichen Verhandlung die Kursgewinnsteuer eingehend erörtert.

Die 25-prozentige Wertpapier-KESt ist Teil des mit 1. Jänner 2011 in Kraft getretenen Budget-Sparpakets. Seither besteht auch die Steuerpflicht, aber erst ab 1. Oktober hätten sie die Banken (rückwirkend) einheben müssen. Diese Frist wurde in einem von der Regierung vorgelegten Gutachten als zu kurz für die nötige Umstellung der EDV-Systeme erachtet - weshalb sie auf 1. April 2012 ausgedehnt werden soll.

"Kaum spürbare Effekte" erwartet

Für das Finanzministerium war die neunmonatige Übergangsfrist ein bereits im Gesetzwerdungsprozess angreifbarer Punkt, sagte Sprecher Harald Waiglein. Deshalb hätte das Finanzministerium auch eine längere Übergangsfrist vorgeschlagen. "Der Koalitionspartner sprach sich dagegen aus", beschrieb Waiglein das Zustandekommen des nun verfassungswidrigen "Kompromissdatums".

Für das Steueraufkommen erwartet Waiglein dennoch "kaum spürbare Effekte", da die größeren Volumina erst ab 2013 eingeplant seien. Die Steuereinnahmen würden sich lediglich verschieben, der Anfangszeitpunkt der Besteuerung ab 1. Jänner 2011 bleibe ja unverändert. Die Regierung hat für heuer 30 Millionen Euro aus der Wertpapier-KESt erwartet, für das kommende Jahr 50 Millionen, 2013 dann 100 Millionen und 2014 wird mit 250 Millionen Euro gerechnet.

Trotz mehr Zeit für die Umsetzung der Wertpapier-KESt ist die Kreditwirtschaft mit der Umsetzung nicht zufrieden, weil zahlreiche offene Fragen rund um die technische Machbarkeit durch das VfGH-Erkenntnis "bei weitem noch nicht" gelöst wären, sagte Herbert Pichler, Obmann der WKÖ-Sparte Bank und Versicherung. Dazu komme das aus Sicht der Kreditwirtschaft "krasse Missverhältnis zwischen Einführungs- und Erhebungsaufwand im Ausmaß von rund 260 Mio. Euro und dem erwarteten Steuerertrag." Der in der Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2011 vorgeschlagene Einhebungsstart per 1. April 2012 sei aber keine Lösung für die Probleme, so Pichler, solange nicht alle Unterlagen auf dem Tisch liegen würden.

Wiener Börse: "Bestrafung für langfristige Anleger"

Die Wiener Börse weist in einer Aussendung am Freitag weiterhin "auf die negative Wirkung der Wertpapier-KESt für den österreichischen Kapitalmarkt" hin. Dies würde sich auch im Rückgang der monatlichen Aktienumsätze widerspiegeln. "Die Wertpapier-KESt ist eine Bestrafung für den langfristigen Anleger", kritisierte Börsevorstand Heinrich Schaller.

Gegen die Wertpapier-KESt hatten vierzehn Banken beim Höchstgericht eine Individualbeschwerde eingelegt, darunter alle großen Banken wie die UniCredit Bank Austria, die Bawag PSK, Erste Bank, mehrere Volksbanken, die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien, die Raiffeisen Bank International (RBI) und die Oberbank. (APA)