Ein Stern häutet sich: Beteigeuze ist eine der auffälligsten Erscheinungen am Himmel.

Foto: ESO/P. Kervella

Heidelberg - In der Orion-Konstellation befindet sich einer der hellsten Sterne am Himmel, der Rote Riese bzw. sogar Überriese Beteigeuze. Da der aus dem Arabischen abgeleitete Name eine feminine Form hat, könnte man auch von einer Roten Riesin sprechen - aber bevor im Forum geschimpft wird: Beteigeuze wird heute offiziell als "er" geführt. Weniger spitzfindig ist eine andere Unsicherheit, nämlich die Entfernung. Schätzungen von Astronomen haben im Lauf der Zeit extrem geschwankt - derzeit wird angenommen, dass Beteigeuze etwa 640 Lichtjahre von uns entfernt ist.

Die Europäische Südsternwarte (ESO) veröffentlichte nun die bislang detailliertesten Bilder der Nebelgebiete, die den Stern umgeben. Ihre Struktur erinnert an lodernde Flammen, die von dem Stern ausgehen. Tatsächlich bildet sich der Nebel aus Teilen der Atmosphäre des Sterns, die Beteigeuze an seine Umgebung abgibt. Rote Überriesen wie Beteigeuze befinden sich in einem der letzten Entwicklungsstadien des Lebens massereicher Sterne. In diesem kurzen Lebensabschnitt nimmt der Durchmesser des Sterns dramatisch zu und er stößt seine äußeren Schichten ab, so dass mehr und mehr Materie in seine Umgebung abströmt. Innerhalb von nur 10.000 Jahren kann der Stern soviel Masse verlieren, wie insgesamt in unserer Sonne enthalten ist.

Abstoßungsprozesse

Für einen solchen Massenverlust sind zwei ineinandergreifende Prozesse verantwortlich: Zunächst einmal kommt es in der Atmosphäre des Sterns zu ständigen Auf- und Abbewegungen großer Gasblasen, ähnlich dem Brodeln von kochendem Wasser in einem Topf. Dieser Konvektionsprozess führt anschließend zum Ausstoß riesiger Gaswolken, die sich von der Sternoberfläche aus nach außen hin erstrecken. Die asymmetrische Form des Nebels liefert einen Hinweis darauf, dass der Stern seine äußeren Schichten nicht völlig gleichmäßig abgestoßen hat.

Umgelegt auf unser Sonnensystem würde Beteigeuze von der Sonne bis zum Jupiter reichen - der Durchmesser des Sterns ist knapp viereinhalb Mal so groß wie die Umlaufbahn der Erde. Die mit dem Very Large Telescope der ESO gemachte Aufnahme zeigt, dass der Nebel noch einmal bedeutend größer ist als der Stern selbst: Er erstreckt sich bis zu 60 Milliarden Kilometer weit von der Sternoberfläche aus ins Weltall - das entspricht etwa 400 Mal dem Abstand zwischen Erde und Sonne.

Das in der Aufnahme sichtbare Material besteht zum größten Teil aus Silikaten und Aluminiumstaub. Die Zusammensetzung ähnelt somit jener der Erdkruste und der Oberflächen anderer Gesteinsplaneten. Keine zufällige Ähnlichkeit: Die Silikate in der Erdkruste wurden vor langer Zeit von einem längst vergangenen Überriesen ähnlich Beteigeuze gebildet. Dessen Zukunft steht indessen bereits fest: In einigen tausend bis hunderttausend Jahren - nach kosmischen Maßtstäben also sehr bald - wird Beteigeuze zur Supernova werden. (red)