Wien - Fast 50 Millionen Euro waren die illegalen Drogen wert, die die heimische Polizei im Vorjahr sichergestellt hat. Der Hauptgrund für den Anstieg um gleich 27 Prozent im Vergleich zum Jahr 2009: Ein einzelner Fall, bei dem gleich 206 Kilogramm Kokain sicher gestellt wurden. Die mit Abstand meisten Fälle, die die Exekutive zu bearbeiten hat, betreffen aber Cannabis. Von den exakt 23.853 Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz (plus fünf Prozent) betrafen 16.591 Marihuana oder Haschisch, also 70 Prozent aller Delikte.

Rückschlüsse auf die Lage im Drogenbereich lässt der am Freitag präsentierte Suchtmittelbericht des Innenministeriums nur bedingt zu. Denn je intensiver die Polizei ermittelt, desto mehr Erfolge kann sie verzeichnen.

Für Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bedeutet die von 395 auf 708 gestiegene Zahl der erstmals ertappten 14- bis 18-Jährigen dennoch Handlungsbedarf. Ihr Rezept: mehr Repression. Die Verfügbarkeit solle durch weiter starke Polizeipräsenz reduziert werden. Und Ersttäter sollen bereits vor einer Entscheidung des Staatsanwaltes, ob überhaupt eine Anklage erhoben wird, eng kontrolliert und begleitet werden.

Kaum versteckt kritisierte die Politikerin dabei die Justiz: Die reagiere oft "sehr spät", bemängelte sie bei einer Pressekonferenz. Faktum ist, dass bei weitem nicht alle Anzeigen auch vor den Richter oder Richterin kommen. Im langjährigen Schnitt wird rund ein Drittel bis die Hälfte der Verfahren von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt oder das Verfahren eingestellt. Dabei geht es vor allem um illegale Drogen für den Eigengebrauch - im Jahr 2010 wurden fast 8000 Anzeigen zurückgelegt, weiß Dagmar Albegger, Sprecherin des Justizministeriums.

Bei den Hintermännern des Drogenhandels ortet die Polizei Veränderungen: Zwar seien in Wien noch immer rund 50 Prozent der illegalen Aktivitäten in der Hand von Schwarzafrikanern, allerdings drängen verstärkt türkische und bulgarischen Dealergruppen auf den Markt. Das habe zu einem Preisverfall bei Heroin geführt: Kostete ein Gramm des Suchtmittels im Jahr 2009 noch 40 bis 70 Euro, war es 2010 zwischen 30 und 40 Euro zu haben.

Registriert wird auch verstärkter Ameisenhandel (also der Transport von sehr kleinen Mengen) mit Cannabis aus Tschechien, wo Vietnamesen den Stoff günstig anbieten. (moe/DER STANDARD, Printausgabe, 25./26. Juni 2011)