Bläserensemble Federspiel beim Aufspielen bei der Jausenstation Ötscherhias in den Ötschergräben.

Info:
www.wellenklaenge.at
www.mostviertel.info

Foto: Pumhösel

Künstler und Künstlerinnen werfen sich hier auch öfters ins Wasser, manchmal samt der Band, manchmal haben sie ein Dirndl an, manchmal werden sie sogar von Tauchern unterstützt. Der Violinist Aleksey Igudesman ist vergangenes Jahr samt Geige gesprungen, was einige Zuseher auf der Tribüne dem Herzinfarkt näherbrachte. Dass er sein teures Stück gegen eine Geige vom Flohmarkt ausgetauscht hat, bevor er sich todesmutig von der Seebühne in den Lunzer See stürzte, hat er natürlich niemandem gesagt.

Suzie Heger, die Intendantin der Lunzer Konzertreihe Wellenklänge hat eine Unmenge solcher Geschichten über theatralische Auftritte und Abgänge auf der Seebühne parat und trägt sie mit siegreichem Lächeln vor. Denn: Das "geht in Bregenz nicht, in Mörbisch nicht", Und apropos siegreich: Besagter Herr Igudesman veranstaltete damals eine Art Klassikstar-Klassentreffen in dem Mostviertler Nest am See und brachte Polina Leshenko, Viktoria Mullova, Andrei Pushkarev und Julian Rachlin mit, Größen, von denen andere Veranstalter nur träumen können. Heger hatte alle Mühe, entsprechende Klaviere zu besorgen. Ein Youtube-Video des humorbegabten Geigers (zu finden unter "Igudesman's Russian Nights") lässt erahnen, dass das Klassentreffen recht lustig abgelaufen sein dürfte.

Heuer stehen die Wellenklänge unter dem Titel "Schaumkronen für Sirenen". Die jazzlastige Konzertserie startet am 8. Juli. Errungenschaft des Jahres ist ein fixes Ausweichquartier in der Schulturnhalle. Denn, so Heger, "der größte Feind ist der Sturm". Dass es just an dem Wochenende regnete, als sie ihr Gespür für zur Landschaft passende Musik auch Wanderern in den umliegenden Berghütten angedeihen lassen wollte, ist Pech. Das Bläserensemble hielt dem Regen in den Ötschergräben stand, das Alphornkonzert wurde vom Ötscher in die Lackenhofner Kirche verlegt. Offenbar verfolgte das Wasser die Musiker, als sie einmal nicht am See spielen wollten. Noch ist nicht klar, ob das Risiko ein weiteres Mal eingegangen wird.

Bevor die Idee einer Seebühne in Lunz durchgesetzt werden konnte, mussten viele Einheimische, denen "schade ums Geld" war, umgestimmt werden. Dem Plan wurde damals mit nur einer Stimme Mehrheit zugestimmt. Bürgermeister Martin Ploderer, der sich als Befürworter "einiges anhören musste", spielt dafür kommendes Wochenende den Kapitän beim "Riverboat Shuffle", bei dem die Bühne samt Musikern einmal rund um den See gezogen wird. Tagsüber ist die von Hans Kupelwieser entworfene architektonisch richtungsweisende und preisgekrönte Bühne ein Liegebereich für Badegäste, bevor sie sich durch das Wasser hebt, das in den rückwärtigen Teil der Konstruktion gepumpt wird, und die Zuschauerränge freigibt.

Idylle mit Wasserfällen

Nicht weit von Lunz liegen Lackenhof und der knapp 2000 Meter hohe Ötscher, ein zweites, im wahrsten Sinne herausragendes Naturdenkmal der Gegend. Auf der Südseite des Vaterbergs, wie sich das Wort mit slawischem Ursprung übersetzt, winden sich die Ötschergräben. Dort, wo sich der Ötscherbach über Jahrmillionen in den Fels grub und eine in den Ostalpen einzigartige Klamm hinterließ, wird das Gefälle seit 1911 für ein Speicherkraftwerk genutzt. Damals war es das größte seiner Art in Österreich-Ungarn, heute ist es eine Wegmarke für Wanderer, die über den Riffelsattel nach Lackenhof wollen. Besonders der hintere Teil der Ötschergräben präsentiert sich dank Schleierfall und Mirafall als Idylle. Bei Regen, wenn sich viel Wasser vom Schluchtenrand stürzt, verlieren die Wasserfälle ihre pittoreske Anmutung und gewinnen jene imposanter Naturgewalten. Dem Ötscher ist man hier so nah, dass man ihn selten zu Gesicht bekommt, auch bei Sonne nicht. Und dem Wasser kommt man sowieso nicht aus.

Östlich des Ötschers, nicht weit von Annaberg (schöner Ötscherblick, außer bei Nebel) bietet das Alpenhotel Gösing mit gut ausgestatteten "Genießerzimmern" (ihr einziges Manko ist ihr Name) samt freistehenden Badewannen luxuriösen Ausgleich für die erlittenen Anstrengungen. Im großen voralpinen Hideaway mit 62 Zimmern (viele mit Ötscherblick, außer bei Nebel) und Eigenjagd ist man stolz auf regionale Produkte: Der Wildschinken ist hier "selbstgeschossen". (Alois Pumhösel/DER STANDARD/Printausgabe/25.06.2011)