Athen - Die internationale Flotte mit Hilfsgütern für den palästinensischen Gazastreifen wird derzeit in Athen am sofortigen Auslaufen gehindert. Grund seien ungewöhnlich scharfe Kontrollen des griechischen Staates, hieß es am Montag bei einer Pressekonferenz in Athen. "Wir hoffen, dass dies nur mit dem Wunsch der Behörden zusammenhängt, die Vorschriften einzuhalten", sagte Vangelis Pissias, griechisches Mitglied des Organisationskomitees. Er wisse aber, dass "großer Druck" auf die Regierung in Athen ausgeübt werde, das Auslaufen der Schiffe zu verhindern.

Vor gut einem Jahr war das türkische Gaza-Hilfsschiff "Mavi Marmara" in internationalen Gewässern von israelischen Soldaten gestürmt worden. Bei der Aktion waren neun Aktivisten getötet worden.

Die Organisatoren seien sich der Gefahren bewusst, so Pissias. Laut Leo Gabriel, einem der österreichischen Teilnehmer der Flotte, sagte Pissias zudem, dass man nach Gaza fahren, "egal, was passiert".

Geheimer Treffpunkt

Zehn bis elf Schiffe sollen in den kommenden Tagen von Griechenland und anderen Mittelmeerländern aus Hilfsgüter in den palästinensischen Gazastreifen bringen. Der Journalist und Autor Gabriel teilte telefonisch mit, dass es sich dabei unter anderem um zwei französische, ein spanisches, ein US-amerikanisches, ein kanadisches, zwei schwedisch-norwegisch-griechische, und ein bis zwei Schiffe Italiens, der Niederlande und der europäischen Gaza-Kampagnen handle.

Laut Gabriel werde die Flotte am Donnerstag oder Freitag an einem geheimen Treffpunkt in internationalem Gewässer zusammenkommen um dann im Konvoi nach Gaza zu fahren. Die Organisatoren riefen internationale Organisationen dazu auf, ihre Schiffe zu kontrollieren, damit klar werde, dass sie nur Hilfsgüter und Medikamente transportierten.

An Bord gehen wollen auch Parlamentsabgeordnete aus Frankreich, Norwegen, Schweden und Spanien. Auch der schwedische Schriftsteller Henning Mankell unterstützt die Aktion. Er erklärte, dass es sich der Protest "keine Kriegserklärung, sondern eine Friedenserklärung" darstelle, berichtete Leo Gabriel, der auch die Teilnahme der Aktivisten an der Protestaktion der Griechen gegen das geplante Sparpaket ankündigte. Er rechnete mit einer "Mobilisierung" bei dem Zusammentreffen zwischen griechischen Demonstranten und internationalen Aktivisten vor dem Parlament am Montagabend. Der Gaza-Protest sei deshalb auch im derzeitigen politischen Umfeld Griechenlands zu sehen.

Das griechische Außenministerium hatte bereits Anfang vergangener Woche alle griechischen Bürger und die Besatzungen griechischer Schiffe davor gewarnt, an der Gaza-Flotille teilzunehmen.

Israel will Flotte stoppen

Die israelische Regierung hat am Montag erneut über die geplante Hilfsflotte internationaler Aktivisten für den Gazastreifen beraten. Premierminister Benjamin Netanyahu und sein Kabinett hielten die israelischen Streitkräfte dazu an, die Flotte daran zu hindern, ihr Ziel zu erreichen, wie die israelische Zeitung "Haaretz" in ihrer Onlineausgabe berichtet.

Das Außenministerium sollte außerdem seine diplomatischen Anstrengungen fortsetzen, um ein Auslaufen der Schiffe zu verhindern. Am Sonntag gab Netanyahu bekannt, dass das Kabinett keinem einzigen Schiff erlauben werde, die Seeblockade bei Gaza zu durchbrechen.

Ein Sicherheitsbeauftragter und das Außenministerium informierten die israelische Regierung zudem, dass bisher keine Informationen über die Anwesenheit von Terroristen oder Anhänger terroristischer Gruppen an Bord der Schiffe vorliegen würden. Nichtsdestotrotz seien Zusammenstöße zwischen israelischen Truppen und Aktivisten der Flotte nicht ausgeschlossen. "Bei einem Großteil der Teilnehmer handelt es sich um Menschenrechtsaktivisten der EU, Kanada und den USA", so der Sicherheitsbeamte.

Schiffe sollen am Dienstag auslaufen

Laut "Haaretz" sollen am Dienstag rund zehn Schiffe von Athen aus in Richtung Gazastreifen in See stechen. Die israelische Regierung hoffe, dass diese jedoch von selbst stoppen und umkehren würden. In diesem Falle müsste die israelische Marine nicht einschreiten - das wäre ein "Schritt, der international nicht gut aufgenommen werden würde", schreibt die Zeitung. Dennoch trainierte die Marine für mögliche Szenarien, die gewaltsamen Widerstand sowie die Übernahme des Schiffes umfassen, wenngleich dies jedoch als "letzter Ausweg" betrachtet werde. In solch einem Fall würden die Schiffe und deren Passagiere in den speziellen Sicherheitshafen in Ashdod gebracht werden.

Vor über einem Jahr waren bei einer international heftig kritisierten Kommandoaktion der israelischen Eliteeinheit "Shayetet 13" gegen eine Gaza-Hilfsflotte in internationalen Gewässern acht türkische Palästina-Solidaritätsaktivisten und ein türkisch-amerikanischer Doppelstaatsbürger an Bord des Schiffes "Mavi Marmara" getötet worden.

Warnung an Journalisten

Die israelische Regierung hat am Sonntag auch ausländische Journalisten davor gewarnt, sich der Hilfsflotte anzuschließen. Nach Ansicht des Auslandspresseverbandes ist das ein unzulässiger Einschüchterungsversuch, der Zweifel daran aufkommen lasse, ob Israel sich noch der Pressefreiheit verpflichtet fühle.

Nun überdenkt Israel diese Warnung noch einmal. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe die Überprüfung angeordnet, weil er das den Berichterstattern angedrohte zehnjährige Einreiseverbot für problematisch halte, sagte der stellvertretende Regierungschef Mosche Jaalon am Montag. Wenn sie erst einmal an Bord der Gaza-Flotte seien, könne niemand die Medien stoppen. „Es ist besser, sich nicht mit ihnen anzulegen." (APA)