Montevideo - Wegen Verbrechen während der Militärdiktatur in Uruguay (1973-1985) will Staatspräsident Jose Mujica etwa 80 Ermittlungsverfahren wieder aufnehmen. Wie Mujicas Büro am Montag (Ortszeit) bekanntgab, wird der Staatschef Ende der Woche ein entsprechendes Dekret unterzeichnen. Die Regierung plant überdies, eine genetische Datenbank zur Klärung der Herkunft mutmaßlich während der Diktatur geraubter Babys von Regierungsgegnern zu vervollständigen, die regimetreuen Familien zur „Adoption" übergeben wurden.

In Uruguay verschwanden während der rechtsgerichteten Militärdiktatur in den 70er und 80er Jahren ähnlich wie in den südamerikanischen Staaten Chile und Argentinien zahlreiche linke Oppositionelle. Nach Angaben einer von der Präsidentschaft im Jahr 2000 eingesetzten Kommission wurden in Uruguay 38 verschleppte Menschen ermordet oder zu Tode gefoltert. Andere Uruguayer wurden im Zuge der „Operation Condor", der Geheimaktion mehrerer Militärdiktaturen Lateinamerikas zur Ausschaltung politischer Gegner, vor allem im Nachbarland Argentinien getötet.

1986 war in Uruguay ein Gesetz über die Straffreiheit für Polizisten und Militärs für während der Diktatur begangene Verbrechen mit der Begründung erlassen worden, so zu einer nationalen Aussöhnung beizutragen. Demnach bedarf die Justiz der Erlaubnis der Regierung, um über Menschenrechtsverletzungen aus der Zeit der Diktatur zu ermitteln. Volksabstimmungen über das Amnestiegesetz hatten dieses 1989 und 2009 bestätigt. Im Mai hatte das Parlament in Montevideo mit denkbar knapper Mehrheit gegen die Annullierung des Gesetzes gestimmt. Der heutige Staatschef Mujica ist ein Ex-Guerilla-Kämpfer, er saß während der Diktatur 14 Jahre im Gefängnis. (APA)