Jede zweite Urlaubsreise von Herrn und Frau Österreicher ist eine Autoreise. Pünktlich zu Ferienbeginn wird deshalb auch heuer wieder eine Blechlawine über die Autobahnen in Richtung Meer, See oder Berge rollen. Steigende Ölpreise machen so eine Urlaubsfahrt aber zu einem fragwürdigen, weil immer teurer werdenden Vergnügen.
Vor allem, wenn man auf der Autobahn tankt. In dieser Disziplin hält Österreich nämlich einen wenig schmeichelhaften Europameister-Titel: Nirgendwo sonst ist der Unterschied bei den Treibstoffpreisen zwischen Autobahn- und Nicht-Autobahn-Tankstellen so eklatant. Das zeigt der EuroTest, bei dem der ÖAMTC gemeinsam mit 18 Clubpartnern Autobahntankstellen in elf Ländern getestet hat.
Ein weiteres Ergebnis: Teures Tanken auf der Autobahn ist kein rein österreichisches Phänomen. Die Schweiz und Frankreich sind der Alpenrepublik diesbezüglich dicht auf den Fersen. Eine rühmliche Ausnahme ist Slowenien. Wer von Ljubljana in Richtung der adriatischen Küstenstadt Koper unterwegs ist, zahlt auf der Autobahn gleich viel für den Sprit wie an der Bundesstraße. Grund dafür ist eine staatlich geregelte Preisobergrenze, die nicht überschritten werden darf und an der sich alle orientieren.
Keine Obergrenze in Österreich
In Österreich gibt es eine solche Obergrenze nicht, den Treibstoffpreis kalkulieren die Mineralölkonzerne selbst nach den Regeln des freien Marktes. Am Montag, dem 27. Juni 2011, kostete beispielsweise Super-Benzin auf der Autobahn 1,569 Euro, Diesel 1,489 Euro pro Liter. Der Durchschnittspreis auf Nicht-Autobahnen bewegte sich an diesem Tag bei 1,369 Euro für Super und 1,317 Euro für Diesel, zitiert Elisabeth Brandau von der Abteilung Verkehrswirtschaft beim ÖAMTC aus der aktuellen Spritpreisdatenbank.
Eine ARBÖ-Studie kam im Vorjahr zu einem ähnlichen Ergebnis: Nach einem Lokalaugenschein in mehreren Teilen Österreichs habe man herausgefunden, dass man bei Diesel bis zu 21, bei Eurosuper bis zu 13 Cent pro Liter sparen kann, wenn man nicht auf der Autobahn, sondern im "Landesinneren" tankt, sagt ARBÖ-Pressesprecher Thomas Woitsch auf Anfrage von derStandard.at.
Höhere Kosten
Warum das so ist? "Höhere Preise an Autobahntankstellen gehen einerseits auf strenge Auflagen bei Bau und Betrieb der Tankstellen und andererseits auf zusätzliche Abgaben an die Asfinag zurück", erklärt Christoph Capek, Geschäftsführer des Fachverbandes der Mineralölindustrie. Die Tankstellen an Autobahnen würden von den Mineralölunternehmen unter Berücksichtigung umfassender Auflagen errichtet. Diese Kriterien legt der Autobahnbetreiber Asfinag schon bei der Ausschreibung der Raststation anhand von Verkehrsstromanalysen und auch anhand der bereits vorhandenen umliegenden Raststätten fest, erläutert eine Sprecherin der Asfinag .
Dabei geht es in erster Linie um eine Mindestanzahl an Zapfsäulen und Parkplätzen, aber auch um den Shop oder die 24-Stunden-Betriebspflicht. Daraus würden sich zwangsläufig höhere Errichtungs-, Betriebs- und Personalkosten ergeben als an herkömmlichen Tankstellen, so Capek.
Doch die Asfinag hebt bei Autobahntankstellen neben einer Mindestpacht auch eine "zusätzliche Pacht für jeden verkauften Liter Kraftstoff" ein, so der Geschäftsführer. Bei der Asfinag nennt man das "Umsatzbeteiligung", diese sei von Standort zu Standort unterschiedlich. Eine direkte Auswirkung auf den Benzinpreis sieht man beim Autobahnbetreiber daraus aber nicht resultieren.
Preistreiber
Der Fachverband ist da anderer Meinung: "Der Kostenaufwand bei einer Autobahn-Tankstelle ist nicht 1:1 vergleichbar mit dem üblichen Kostenaufwand bei Tankstellen im sonstigen Straßennetz", so Capek. Daher koste auch der Benzin mehr. Capek sieht aber durchaus auch einen Mehrwert bei den Autobahntankstellen. Viele würden eben auch eine Pause einlegen, sich erfrischen und sich ein wenig ausruhen. "Man denke auch an die oft großzügig gestalteten Kinderspielplätze", erinnert Capek.
ÖAMTC-Expertin Brandau meint jedoch, dass auch der freie Wettbewerb auf der Autobahn nicht so gut funktioniere. Schließlich gibt es nur wenige Tankstellen, und als Reisender wisse man auch nicht, was der Treibstoff an der vorherigen oder der nächsten kostet. Ein grundsätzliches Problem, findet auch Woitsch. "Der Konsument kann die Treibstoffpreise nicht beeinflussen, aber er hat in der Hand, wo er tankt." Dafür bräuchten Konsumenten aber eine bessere Übersicht. Der ARBÖ-Sprecher moniert zum Beispiel, dass die Treibstoffe nicht immer in der gleichen Reihenfolge auf den Anzeigetafeln aufgelistet werden. Das verwirre und lasse keinen Vergleich auf den ersten Blick zu, wenn man erst suchen müsse, wo der Diesel steht. Was Woitsch ebenfalls kritisiert, ist die durchaus gängige Praxis, drei Nachkommastellen beim Spritpreis anzugeben. Auch das sei einem schnellen und leichten Überblick abträglich.
Mehr Schilder
Um den Wettbewerb auch an den Autobahnen anzukurbeln und so auch vielleicht die Preise zu drücken, habe man schon mehrere Dinge überlegt. Brandau erzählt, es habe die Idee gegeben, auf Autobahnen Vorankündigungs-Tafeln mit den Treibstoffpreisen der nächsten drei Tankstellen aufzustellen. Allerdings habe man den Vorschlag letztlich wieder verworfen. Erstens, weil die Preise fast gleich waren. Zweitens spielte der Sicherheitsaspekt eine nicht unwesentliche Rolle: "Ob es so gescheit ist, bei 130 km/h dann die Spritpreise zu lesen, ist zweifelhaft." Dem stimmt auch Capek zu, im Sinne der Verkehrssicherheit sieht er solche Tafeln kritisch. ARBÖ-Sprecher Woitsch stellt dabei auch in Frage, was eine solche Ausschilderung letztlich bringt. "In Italien gibt es das schon seit Jahren. Mit welchem Erfolg, wurde bisher nicht herausgefunden."
Selber schuld?
Ist man letztendlich dann selbst schuld, wenn man auf der Autobahn tankt? Nicht ganz. "Manchmal lässt es die Situation nicht zu, dass ich mir aussuche, wo ich tanke. Schlechtes Wetter, Zeitdruck oder örtliche Unkenntnis sind die häufigsten Gründe, um auf der Autobahn zu tanken", meint Woitsch. Wenn man aber eine Urlaubsreise plane, solle man sich durchaus auch mit den Spritpreisen an und jenseits der Autobahn auseinandersetzen.
Es fehlt vor allem das Bewusstsein dafür, dass man sich im Vorhinein informiert, davon sind die Experten von den Automobilclubs überzeugt. "Wenn man vor Antritt der Urlaubsfahrt schauen würde, was der Benzin wo kostet, dann könnte man schon einiges einsparen", ist sich Brandau sicher. Schließlich könnte man mit dem Abfahren von der Autobahn zum günstigeren Tanken gleich auch eine längere Pause verbinden. Capek sieht das Ganze kritisch und findet, das Ab- und Auffahren von der Autobahn ausschließlich zum Zweck des Tankens sei aus Umweltschutzgründen und der Verkehrssicherheit eine fragwürdige Maßnahme.
Auch für die kommende Urlaubssaison darf nun jeder selbst entscheiden, ob die Umwelt oder das Geldbörserl geschont werden soll. Und vielleicht spielen ja auch andere Faktoren noch eine Rolle. Die Tester der Automobilclubs haben im Zuge des EuroTest etwa bei ihren Stichproben auf 34.000 Autobahnkilometern in elf europäischen Ländern nicht nur auf die Preisgestaltung geachtet, sondern auch auf Hygiene oder barrierefreie Zugänge ihr Augenmerk gelegt. Tschechiens Tankstellen erwiesen sich dabei in Top-Zustand, die österreichischen landeten im guten Mittelfeld. (Daniela Rom, derStandard.at, 29.6.2011)