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In eine Peepshow gerät niemand zufällig hinein. Im Internet könnte dies durch die neue .xxx-Domain bald anders sein.

Foto: AP/Yves Logghe

Der Ruf von Marken könnte durch die Verwendung in der neuen Internet-Domain .xxx leiden. Ab September können sich Inhaber 30 Tage lang einfach davor schützen. Ab 2012 wird jeder Top-Level-Domain-Name möglich werden.

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Inhabern einer Marke droht ab September eine neue unangenehme Erfahrung: Wer den Markennamen in eine Internet-Suchmaschine eintippt, könnte auf einer Sex-Webseite mit dem Domainnamen .xxx und entsprechenden anzüglichen Angeboten landen.

Denn im März 2011 hat die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) unter anderem die Einführung der .xxx-Domain beschlossen, die Anbietern der Erotikindustrie zur Verfügung stehen soll. ICANN mit Sitz in Kalifornien ist mit der weltweiten Genehmigung von Domainnamen betraut. Neben sogenannten "Country Code Top-Level-Domains", wie zum Beispiel ".at" für Österreich, gibt es bisher 22 generische Domainnamen wie ".com", ".edu" oder ".biz".

Nach zehn Jahren Debatte wurden die Top-Level-Domains nun für neue Namen geöffnet. Das US-Unternehmen ICM Registry ist mit dem Registrierungsverfahren und der technischen Verwaltung der neuen . xxx-Domain beauftragt. Bereits ab 7. September 2011 ist eine Registrierung möglich.

Vor wenigen Tagen wurde außerdem beschlossen, dass es voraussichtlich ab Jänner 2012 möglich sein wird, grundsätzlich jede beliebige Top-Level-Domain registrieren zu lassen.

Markeninhaber verfolgen diese Entwicklungen mit Skepsis und befürchten mitunter, dass der gute Ruf ihrer Marke durch Verwendung in einer . xxx-Domain geschmälert werden könnte oder ihre Marken zu fremden Top-Level-Domains werden.

Verwechselbar ähnlich

Obwohl für Markeninhaber grundsätzlich die Möglichkeit besteht, Dritten die Verwendung ihrer Marke in einer Domain zu untersagen, kann dies in der Praxis insbesondere bei .xxx-Domains schwierig sein: Zum einen setzt ein markenrechtliches Vorgehen neben der Identität bzw. Ähnlichkeit von Marke und Domain auch voraus, dass die angebotenen Waren oder Dienstleistungen verwechselbar ähnlich sind; diese Voraussetzung wird nur in seltenen Fällen erfüllt sein.

Zum anderen wird die Rechtsdurchsetzung dadurch erschwert, dass Anbieter von ".xxx-Dienstleistungen" oft Offshore-Destinationen als Unternehmenssitz wählen. Noch steht auch nicht fest, ob für Streitigkeiten im Zusammenhang mit der .xxx-Domain das internationale Schlichtungsstellenverfahren der WIPO in Anspruch genommen werden kann.

Die zuständige Stelle hat allerdings auf diese Bedenken reagiert und ein rasches Verfahren entwickelt, um die bestehende eigene Marke vor unerwünschter Verwendung in einer fremden .xxx-Domain zu schützen.

30 Tage Sunrise Period

Um die Verwendung der eigenen Marke in einer .xxx-Domain hintanzuhalten, haben Markeninhaber im Rahmen der sogenannten "Sunrise Period" die einmalige Möglichkeit, ihre Marke für .xxx-Domains sperren zu lassen. Diese 30-tägige Periode steht am Beginn des Registrierungsverfahrens und wird voraussichtlich am 7. September 2011 beginnen. Gegen Entrichtung einer einmaligen Gebühr von voraussichtlich 200 bis 300 US-Dollar kann die betreffende Domain blockiert werden; sie ist dann vor einer Registrierung durch Dritte im Rahmen einer .xxx-Domain geschützt.

Dafür muss der Antragsteller jedoch Inhaber einer bereits registrierten Marke sein, die mit der blockierten Domain ident ist. Da eine . xxx-Domain ausschließlich in dieser 30-tägigen Periode relativ einfach und kostengünstig gesperrt werden kann, sollten so früh wie möglich Vorbereitungen zur Nutzung der Sunrise Period getroffen werden. Ob und welche Möglichkeiten nach Ablauf dieser Frist bestehen, um eigene Markenrechte im Zusammenhang mit .xxx-Domains gegenüber der zuständigen Stelle durchzusetzen, steht noch nicht fest.

Das Registrierungsverfahren bei anderen generischen Domains ist etwas anders ausgestaltet. Aber auch hier ist vorgesehen, dass Markeninhaber in einem Evaluierungsverfahren die Möglichkeit erhalten, Widerspruch gegen eine angemeldete Domain zu erheben, die ältere Markenrechte verletzt.

Da die Präsentation des eigenen Unternehmens im Internet in zunehmendem Maß ein ausschlaggebender Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg ist, erhöht sich auch die Online-Präsenz von Marken rasant. Durch die Einführung weiterer Domains wird aber ein zusätzliches Feld potenzieller Markenverletzungen eröffnet. Es bleibt abzuwarten, ob der vorgesehene Rechtsschutz den Bedürfnissen von Markeninhabern ausreichend Rechnung tragen wird. Laut der zuständigen Stelle gab es für .xxx-Domains bereits mehrere hunderttausend Vormerkungen. (Ivo Rungg, Hellmut Buchroithner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.6.2011)