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Yves Guillemot, CEO Ubisoft, hofft auf weitere Öffnung des Spielemarktes.

Foto: REUTERS/Charles Platiau

Der drittgrößte Videospielhersteller Ubisoft feiert 2011 sein 25-jähriges Jubiläum. Viel hat sich getan seit der Gründung. Sowohl die technischen Möglichkeiten als auch das Publikum haben sich verändert. "Der Markt zählt heute eine Milliarde Kunden", erklärt Firmengründer Yves Guillemot im Interview mit dem WebStandard. Kinect, PlayStation Move und Nintendos Wii U werden dabei helfen, Videospiele zugänglicher machen. Daneben werden Konzepte wie "Gratisspiele" der nächste große Gewinnbringer.

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derStandard.at: Ubisoft feiert dieses Jahr sein 25-jähriges Bestehen. Sie haben das Unternehmen damals gegründet. Wie hat sich die Spielelandschaft ihrer Meinung nach über das vergangene Vierteljahrhundert verändert?

Yves Guillemot: Der Markt zählt heute eine Milliarde Kunden. Das hilft der Industrie sich weiterzuentwickeln. Dadurch hat sich das Feld für unterschiedlichste Spielkonzepte geöffnet. Die soziale Verknüpfung wird immer wichtiger. Interessant für uns (Entwickler) ist, dass wir viele der neuen Entwicklungen rund um soziale Medien in unsere HD-Games einbauen können.

derStandard.at: Neben den Inhalten verändert sich zudem die Art, wie Spiele vertrieben werden. Die Download-Distribution spielt eine immer wichtigere Rolle. Sind die Tage der "verpackten" Spiele, wie man sie im Geschäft kaufen kann, gezählt?

Yves Guillemot: Das glaube ich nicht. Die Art und Weise, wie Spiele konsumiert werden, verändert sich. Mit der digitalen Distribution erweitern wir aber auch den Markt.

derStandard.at: Gleichzeitig revolutionieren manche Hersteller auch das grundlegende Geschäftsmodell und bieten "Free-to-Play"-Spiele an. Hierbei ist das Spiel gratis, für Einnahmen sollen erwerbbare Zusatzinhalte sorgen.

Yves Guillemot: Ich glaube, es ist ein guter Ansatz, weil es einem ermöglicht etwas auszuprobieren. Gefällt es mir, kann ich in weitere Inhalte investieren. Es gibt Kunden eine gute Kontrolle über die Spielwelt.

derStandard.at: Ist das das Modell von morgen?

Yves Guillemot: Ich denke, wir werden einen Mix aus mehreren Modellen haben. Dieses wird definitiv eines davon sein.

derStandard.at: Wie aus der Branche zu vernehmen ist, generieren manche Free-to-Play-Spiele bereits jetzt schon mehr Umsatz pro Kopf als traditionelle Vollpreisspiele. Ein Grund dafür sei, dass Spieler zwar kleinere Beträge aber auf lange Zeit investieren. Können Sie das bestätigen?

Yves Guillemot: Ja, das Konzept ist interessant, da sie manchen Kunden praktisch eine unbegrenzte Menge an Inhalten verkaufen können. Manche stecken 1.000 Euro in ein Spiel, weil sie ihre Spielwelt erweitern wollen. Auf der anderen Seite, verdient man durch andere Kunden gar nichts. Aber tatsächlich generieren manche Games mehr Umsatz mit diesem System, als typische PC-Spiele.

derStandard.at: Heißt das, ein "Gratisspiel" kann sogar lukrativer sein, als ein Vollpreisspiel?

Yves Guillemot: Ja. Das ist es, was wir sehen.

derStandard.at: Ein anderer Trend geht in Richtung alternativer Steuerungsmethoden. Kinect und PlayStation Move erfassen zunehmend auch traditionelle Franchises wie Sportspiele, Shooter und RPGs. Werden in Zukunft alle Spiele neuartige Steuerungskonzepte unterstützen - ist das ein neues "Must have" für Entwickler, wie es einst der Mehrspielermodus war?

Yves Guillemot: Fakt ist, dass dieses Accessoires mehr Spielern den Zugang zu Videospielen ermöglichen. Genauso glaube ich, dass Nintendo mit der Wii U und dessen Touchcontroller das Fenster für neue Kunden weiter öffnen wird.

derStandard.at: Trifft das nur auf Casual-Games zu oder werden dadurch auch Hardcore-Games zunehmend zugänglicher gemacht?

Yves Guillemot: Nicht zwangsweise. Was passieren wird ist, dass Entwickler diese Features integrieren werden, wenn sie für den Spieler hilfreich sind.

derStandard.at: Viele Entwicklungen rund um Kinect und Move erinnern an den einstigen Hype rund um Nintendos Wii, der solange anhielt, bis viele Dritthersteller realisieren mussten, dass es abseits von einigen wenigen Bestsellern relativ wenig Geld zu holen gibt. Glauben Sie droht Kinect und Move eine ähnliche Blase?

Yves Guillemot: Ich glaube, diese Weihnachten steht Kinect und Move abermals ein starkes Geschäft bevor. Im Speziellen für Kinect, weil es einfach eine neue Art der Interaktion bietet. Das bringt abermals neue Kunden in den Markt.

derStandard.at: Haben Sie keine Angst, dass eine Fülle von Casual-Games erneut auf der Strecke bleiben wird?

Vergangenes Jahr war sehr erfolgreich, von daher glaube ich, dass es auch dieses Jahr sehr gut laufen wird.

derStandard.at: Sie sprachen bereits Nintendos Wii U und dessen neues Steuerungskonzept an. Ist das das nächste große Ding?

Yves Guillemot: Ja, das denke ich. Ich glaube, das ist ein sehr interessantes Konzept mit großen Erfolgschancen.

derStandard.at: Auf der E3 hatte Nintendo nicht mehr als Demos von Spielen zu zeigen. Glauben Sie, ist bis zum Start 2012 genug Zeit, um ein reichhaltiges Start-Line-up zu produzieren?

Yves Guillemot: Sehr viele Entwickler arbeiten bereits an Wii U-Projekten. Ich glaube, es wird viele Titel zum Start geben.

derStandard.at: Also ist kein ähnliches Szenario wie etwa beim Start der PS3 zu befürchten. Damals dauerte es gut ein Jahr bis die ersten großen Werke erschienen.

Yves Guillemot: Nein, das befürchte ich nicht. Es ist nicht allzu schwer für die Wii U zu entwickeln.

derStandard.at: Können Sie einschätzen, wie stark die Hardware sein wird? Von den gezeigten Demos her zu urteilen, dürfte die Wii U in etwa auf dem Stand der aktuellen Generation sein...

Yves Guillemot: Dazu kann ich noch nicht allzu viel sagen. Ich denke, die Konsole wird recht stark werden. In jedem Fall wird aber der Controller für Innovation sorgen.

derStandard.at: Insgesamt ist ein starker Trend zur Konvergenz zu verzeichnen. Das gilt vor allem für Handhelds. Haben Spezialisten wie der 3DS und die PS Vita noch eine Chance in Zeiten des boomenden Smartphone-Spielemarktes?

Yves Guillemot: Ich denke, es wird von den Spielen abhängen. Das gilt für jede Plattform. Egal, um welche Maschine es sich handelt, die Leute gehen dorthin, wo es gute Games gibt.

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 2.7.2011)