Kohlenstoff-Nanoröhrchen, auch Nanotubes genannt, sind Hoffnungsträger der Nanotechnologie. Mit ihnen sollen beispielsweise Eigenschaften von Kunststoffen maßgeblich verbessert werden können. Sie sollen festere und elastischere Materialien möglich machen. In den USA wurde vor kurzem bestätigt, dass Komponenten der Kampfflugzeuge vom Typ F 12 mit Nanotubes gefertigt werden. Da Nanotubes aber auch als Halbleiter einsetzbar sind, will die Computerindustrie leistungsfähige Transistoren und Speichermedien aus ihnen bauen.

Allerdings wurden schon früh Gesundheitsbedenken in Zusammenhang mit Nanotubes geäußert, besonders ihre Ähnlichkeit mit Asbestfasern sei bedenklich. Asbest löst bekanntlich Entzündungen in der Lunge aus, die langfristig zu Tumoren führen können. In Österreich beschäftigt sich das Institut für Technikfolgenabschätzung seit 2007 in der Initiative Nanotrust mit möglichen Gesundheits- und Umweltrisiken der Nanotechnologie - finanziert vom Verkehrsministerium. Die Biologin Myrtill Simkó sieht nach bisherigen Studien eine Gefahr durch lange, dünne und starre Strukturen bestätigt.

Nadelförmige, zehn bis 20 Mikrometer (Millionstelmeter) lange und weniger als zehn Nanometer (ein Milliardstelmeter) dicke Kohlenstoffröhrchen verhalten sich demnach ähnlich wie Asbestfasern. Körpereigene Zellen können sie nicht aufnehmen. Anhaltende Entzündungen und knotenartige Gewebsbildungen sind die Folge. Haben die Nanotubes andere Formen, kurz, gedreht oder elastisch, kann sie der Körper abbauen. Ein Problem ist, dass es keine Kennzeichnungspflicht für Produkte gibt, die Nanomaterialien enthalten. "Angeblich gibt es Produkte, aber kaum jemand kann sagen, welche es sind", sagt Simkó. Die Industrie halte sich wegen des Patentschutzes bedeckt.

Gefahren bei der Herstellung 

Das Problem sei nicht die Herstellung der Nanotubes selbst, die in geschlossenen Systemen produziert würden. Auch von den Produkten, einem mit Nanotubes gefertigten Tennisschläger oder speziellen Lacken, gehe kaum Gefahr aus, da hier die Partikel bereits fest eingebunden sind. "Falls Belastung für Konsumenten vorhanden ist, ist sie sehr, sehr gering", sagt Simkó. Das Problem liege im Herstellungsprozess solcher Produkte: "Wir wissen nicht, wie die Produktion vonstattengeht", sagt Simkó. Das langfristige Gefahrenpotenzial für jene Arbeiter, die mit den Nanotubes in Berührung kämen, ist noch nicht untersucht. Hier ist auch das Hauptmanko des neuen und vielversprechenden Werkstoffes zu sehen: fehlende Langzeitstudien und Lebenszyklusanalysen.

Auch in puncto Umweltrelevanz gebe es wenig verwertbare Studien. Diese bräuchte man aber, um Schwellenwerte festzulegen: "Die Auswirkung ist immer von der Dosis abhängig. Liegt die Dosis über dem Schwellenwert, kann ein Stoff gefährlich werden. Die Werte kennen wir aber im Moment noch nicht", sagt Simkó. Entsprechende gesetzliche Regelungen, etwa zum Arbeitnehmerschutz, fehlen noch. (pum/DER STANDARD, Printausgabe, 29.06.2011)

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Wissen: Was Nano ist und kann

"Nano" kommt aus dem Griechischen und bedeutet Zwerg. Ein Nanometer (nm) ist der milliardste Teil eines Meters (10-9 Meter). Beim Übergang in die Nanometerdimension ändern sich - bei gleicher chemischer Zusammensetzung - vielfach die Eigenschaften von Materialien: So zeigen etwa elektrisch isolierende Stoffe ein leiten- des Verhalten, nichtlösliche Stoffe werden löslich. Darauf basieren die Errungenschaften der sogenannten Nanotechnologie. Durch Manipulation auf dieser Größenskala erhofft man sich überlegene elektrische, chemische, mechanische und optische Eigenschaften für neue Anwendungen. (max)