Nicht nur in den Schulklassen, auch in der Koalition flogen angesichts der Zeugnisvergabe die Fetzen - und es hat sich ausnahmsweise ausgezahlt. Bald dürfen Schüler mit zwei Fleck aufsteigen. Wer gleich drei kassiert, über den befinden die Lehrer, ob er mit seiner Klasse weiterrücken und im kommenden Schuljahr den Stoff nachholen darf - oder eben nicht.

Hand aufs Herz: Wer einmal in mehreren Gegenständen gefährdet war, der muss zumindest retrospektiv zugeben, dass er während der Schulzeit oft lieber auf der faulen Haut gelegen ist, anstatt eifrig Mitschriften zu stucken und Hausaufgaben zu erledigen. Diese höchst unangenehme Situation in einem Schülerleben kann einen aber auch wachrütteln, bevor man tatsächlich ein ganzes Jahr abschreibt.

Das ursprüngliche Ansinnen, mit drei "Nicht genügend" ein Aufsteigen zu ermöglichen, war zwar ambitioniert, jedoch etwas leistungsfeindlich und damit lebensfremd. Denn: Was Hänschen nicht lernt, lernt auch Hans nimmermehr - um hier einen einst verhassten Elternspruch zu strapazieren, der sich leider als wahr herausgestellt hat.

Jenen Schülern aber, die sich mit ernsten Krankheiten oder zermürbenden Krachs in der Familie herumschlagen müssen, bietet die neue Regelung eine faire Chance: Wissen die Pädagogen darüber Bescheid, werden sie wohl Rücksicht auf das ohnehin schon gebeutelte Fünfer-Kind nehmen - und zumindest einmal Milde walten lassen. (Nina Weißensteiner, STANDARD-Printausgabe, 29.6.2011)