Der 1981 mit "Fred vom Jupiter" bekannt gewordene Hamburger Andreas Dorau singt Lieder über das Sterben und die homoerotische Komponente deutscher Fußballbegeisterung.

Foto: Staatsakt

"Größenwahn, Größenwahn, was hast du uns nur angetan?" Zu hübsch verhallten Klavierakkorden, Tambourin- und Handklatsch-Beats aus der Sample-Abteilung "Swinging Sixties", Fach Kalifornien, siehe Beach Boys singt Andreas Dorau noch immer das ewige Lied aus jenem Lebensabschnitt, in dem es speziell als junger Mensch nicht leicht ist, jung zu sein. Der Mann klingt dabei mit seinen 47 Jahren noch immer so, als ob er gerade Fred vom Jupiter zum Abschied nachwinken würde. Das Lied vom Fred machte ihn 1981 im Rahmen eines Schulprojekts zu einem Star der Neuen Deutschen Welle, obwohl die Lehrer im damals eigentlich verboten hatten, den wunderbar naiven wie charmanten Schlager an eine Plattenfirma zu schicken und damit kommerziell zu nutzen. Aber warum sollte man in der Schule auch etwas für das Leben lernen?

Später nahm Andreas Dorau als Sohn eines evangelischen Pfarrers das Didaktische selbst in die Hand. Er erklärte einer kleinen, aber über die Jahrzehnte eingeschworenen Fangemeinde die Welt mit einfachen Worten und einfachen Melodien. Die 1985 veröffentlichte Kurzoper Guten Morgen Hose bildete hier nur eine kurze schnöselige Ausnahme. Andreas Dorau, immer hart an der Grenze des Pop zum deutschen Schlager gebaut, vertraute lieber auf die schlichte Wucht der Volkshochschule. Er sang davon, dass die Welt zwar schlecht sei, erläuterte dieser aber doch die Vorzüge der Herrschaft des Volkes: "Das ist Demokratie, langweilig wird sie nie." Kaltschnäuzig und mit treuherzigem Hundeblick quäkte Andreas Dorau mit seiner von keinerlei Verfallsbiografie angekränkelter Bubenstimme darüber, das die Menschen kalt seien und komponierte zuletzt etwa auch Lieder, die Titel tragen wie Wir sind keine Freunde oder Kein Liebeslied. Er vergaß aber nie, an den richtigen Stellen seiner Platten immer auch Trost zu spenden: Girls In Love, Die Sonne scheint, 40 Frauen.

Deshalb mögen die um die Vergänglichkeit kreisenden Texte von Todesmelodien zwar für einen gesunden und fitten Mittvierziger etwas gar sinister geraten sein: "Selbst korrupte, dumme Schweine, alle werden Edelsteine", heißt es etwa im Todesbeat von Edelstein. Andere Lieder titeln Gehen (Baby Baby) oder beschäftigen sich wie etwa Es war hell mit Orten, an denen Menschen zu Tode kamen. Andererseits sitzen Dorau natürlich nach wie vor der Schalk und die soziale Klage im Nacken. Im Lied Schwarz Rot Gold etwa beschäftigt er sich anhand der Vogel- und Gefiederkunde mit hässlichen deutschen Fußballfans und konzentriert sich dabei speziell auch auf den in dieser Szene latent homoerotischen Faktor. Produziert hat übrigens der deutsche Avantgardeelektroniker Andi Thoma von Mouse On Mars. Den Chorgesang übernahmen Inga Humpe von 2raumwohnung und Francoise Cactus von Stereo Total. Sehr gern.  (Christian Schachinger / DER STANDARD, Printausgabe, 1.7.2011)