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Im Bilder-Archiv findet sich gar eine gschaftige Barbie-Version. Die "modernen Trümmerfrauen" sollen auch äußerlich den Vorstellungen von Weiblichkeit entsprechen.

Foto: AP/Mark Lennihan

In einer Sonderbeilage titelte der Kurier am 29. Juni: "Verschont uns mit der Quote!". Bebildert ist die Beilage mit einer Frau, die in Superman-Manier vor einer Skyline schwebt. "Die meisten Power-Frauen halten nichts von verordneten Quoten. Sie wollen sich mit Qualität und Leistung durchsetzen", ist darunter zu lesen. In der Beilage erzählen Frauen aus unterschiedlichen Betrieben über das jeweilige Unternehmen, skizzieren betriebliche Frauenprogramme und geben persönliche Standpunkte zum Besten. Sie haben sich also auch ohne (verordnete) Quote durchgesetzt. Flankiert wird die Beilage von Inseraten der Wirtschaftskammer und der Wien-Holding.

Kaum geht es um die geschlechtergerechte Aufteilung von Macht und Mitbestimmung, gleichen sich die medialen Debatten ungemein: Mit sehr klaren Worten machen sich die ProtagonistInnen gegen die Quote stark. Gibt es überhaupt genug qualifizierte Frauen? Eine gern gestellte Frage. Dabei ist doch die viel interessantere Frage: Wer hat bei den Führungskräften der jüngsten Malversationen bei Buwog, Skylink, Hypo-Alpe-Adria Group und so weiter nach den Qualifikationen der Verantwortlichen gefragt? Offenbar niemand.

Gerade wenn es um mächtige und/oder prestigeträchtige Positionen geht, hat das mit Qualifikation wenig zu tun. Viel mehr verhelfen Geschlecht, Herkunft, soziale Beziehungen (auch Freunderlwirtschaft genannt) und die Etablierung eben dieser Strukturen zu den gewünschten Positionen. Eine triviale, aber etablierte Erkenntnis. Die stets steigende Zahl von Hochschulabsolventinnen spiegelt sich keineswegs in den mächtigen Positionen.

"Schaut her, wir bringen Euch Gewinne"

Die mediale Inszenierung zum Quoten-Nein prophezeit zudem, katastrophale Auswirkungen für die Wirtschaft. Personen, die sich für die Quote aussprechen entgegnen dann: "Schaut her, wir bringen Euch Gewinne. Das Unternehmen kann von den weiblichen Eigenschaften profitieren". Es scheint immer mehr so, als solle die Frau in der Wirtschaft als "moderne Trümmerfrau" mit biologistischem Impetus zur Verfügung stehen. Neben der Notwendigkeit grundlegender struktureller Änderungen des Wirtschaftssystems, stellt sich die Frage, ob Frauen in der Wirtschaft - siehe Einkommensschere, Verteilung unbezahlter Reproduktionsarbeit, unbezahlte Pflege von Angehörigen - nicht ohnehin schon genug Gewinne für die Wirtschaft einfahren.

Ein Blick in die Statistik zeigt, dass etwa vier Prozent der geschäftsführenden Positionen in Österreich Frauen innehaben, in Aufsichtsgremien sind es rund neun Prozent. Männer fühlen sich durch die Quote - ebenso ein oft angeführtes Argument - aber diskriminiert. Ganz offenkundig hat ein bestimmter Teil der Bevölkerung Angst vor dem Wanken einer bornierten sozialen Ordnung. Eine Ordnung, die männliche Herrschaft permanent reproduziert.

Frauen untereinander ausspielen

Haben sich bisher - oft auch anonymisiert - Männer öffentlich zur Quote zu Wort gemeldet, schickt der Kurier geballt in einer Sonderbeilage Frauen als Quoten-Gegnerinnen ins Rennen. Es gibt nun jene Frauen die meinen "Wir haben es ohne Quote geschafft", andere "Wir haben es mit Quote geschafft" und schließlich "Wir haben es gar nicht geschafft". Es wird eine weitere Trennungslinie zwischen die Frauen gezogen, die bezüglich Solidarität ohnehin geschwächt sind. Durch die regressive Berichterstattung fördert der Kurier das gegenseitige Ausspielen von Frauen weiter zu Tage. Ein Muster, worunter die Frauenbewegung seit je her leidet: Solidarität wird unter Frauen - im Unterschied zu Männern - nicht entlang des Geschlechts, sondern entlang von Klasse und Schicht gelebt. (Sandra Ernst Kaiser, dieStandard.at 30.6.2011)