Salzburg  - Der Globalisierungskritiker, Sachbuchautor und Politiker Jean Ziegler hält am Eröffnungstag der Salzburger Festspiele am 27. Juli doch keine "Gegenrede". In einem Brief an den Leiter der Robert-Jungk-Stiftung, Walter Spielmann, begründete er seine Absage mit möglichen Terminkollisionen.

Ziegler war ursprünglich von Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller als Festspielredner eingeladen worden. Doch sie hatte die Einladung vom Februar dann wieder zurückgezogen, weil sie befürchtete, dass Zieglers angebliche Nähe zu Libyens Diktator Gaddafi mehr im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen könnte als die Rede selbst.

Die Einladung zu einer alternativen Gegenveranstaltung in der Stadt Salzburg erhielt der Schweizer von einer Plattform aus Kulturinitiativen und Friedensbewegungen. Die Einladung bedeute für ihn eine große Ehre, schrieb Ziegler an die Salzburger Bibliothek für Zukunftsfragen, doch er werde in den nächsten Wochen häufig in New York sein und wisse deshalb nicht, wo er sich am 27. Juli aufhalte. "Sobald es mir meine Zeit erlaubt, werde ich gerne nach Salzburg kommen."

"Ausgelassene Chance"

Die Plattform wartete bereits seit Wochen auf eine Antwort Zieglers. Dieser befand sich auf einer mehrwöchigen UNO-Mission in Nordafrika und kehrte kürzlich "tief bewegt" zurück, wie er schilderte. "Von Syrien bis Bahrein und Jemen hoffen die aufständischen, todesmutigen Menschen bisher umsonst auf die konkrete Hilfe der internationalen Gemeinschaft, denn die UNO ist gespalten", berichtete er unter anderem dem Leiter der Robert-Jungk-Stiftung.

Spielmann zeigte Verständnis für "sonstige politische Aktivitäten" Zieglers, verbarg aber auf Anfrage nicht seine Enttäuschung. "Wir sind natürlich sehr enttäuscht, dass er die Einladung nicht wahrnehmen kann. An diesem Tag in Salzburg zu sprechen, wäre besonders wichtig gewesen. Er hätte mit der Botschaft all die erreicht, die er auch erreichen wollte - um eine bessere Welt zu ermöglichen, für die er kämpft." Spielmann bezeichnete die Absage als "eine ausgelassene Chance". "Seine Bereitschaft, nach Salzburg zu kommen, ist ja aufrecht. Wir werden uns überlegen, wie wir sein Angebot annehmen können."

Ziegler hatte in seinem Brief an Spielmann auch zu dem Ausladungsschreiben von Burgstaller vom 24. März Bezug genommen. "Inzwischen hatten - höchster Wahrscheinlichkeit nach - zwei Schweizer Großbanken und ein Nahrungsmittelkonzern, Sponsoren der Festspiele, bei der Landeshauptfrau interveniert. Dass internationale Privatkonzerne bestimmen können, wer in Salzburg reden darf und wer nicht, ist natürlich störend und sicher auch gefährlich für die Demokratie. Die Plattform der Zivilgesellschaft versucht mit ihrer ehrenvollen Einladung das Veto der Konzerne zu korrigieren. Ihre Einladung bedeutet für mich eine große Ehre und ich danke Ihnen dafür."

Die offizielle Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele am 27. Juli hält nun Joachim Gauck, evangelische Pfarrer, DDR-Bürgerrechtler,  später Leiter der Stasiakten-Behörde und schließlich Kandidat für die deutsche Bundespräsidentschaft.    (APA)