Brüssel - Die Quellensteuer als Ersatz für die EU-Zinsbesteuerung wird ab 1. Juli von derzeit 20 auf 35 Prozent angehoben. Innerhalb der EU sind nur mehr zwei der 27 Mitgliedsländer davon betroffen - Österreich und Luxemburg. Auch die Schweiz hat eine solche Regelung. Grundsätzlich sieht die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie einen Informationsaustausch vor, um die Zinsbesteuerung in der EU flächendeckend sicherzustellen.

25 EU-Länder versenden grenzüberschreitend Kontrollmitteilungen über Kapitalerträge nebst Kontoverbindung. Diese landen auf dem Tisch vom Wohnsitzfinanzamt des Anlegers. Österreich und Luxemburg haben sich als die einzigen beiden EU-Staaten dafür entschieden, statt einer Kontrollmitteilung eine anonyme Quellensteuer zu zahlen. Der Satz lag zunächst bei Einführung der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie Mitte 2005 bei 15 Prozent, stieg Mitte 2008 auf 20 Prozent und wird nun auf 35 Prozent erhöht.

Anstieg

Von der Quellensteuer verbleiben 25 Prozent als Verwaltungsgebühr im Land. Die restlichen 75 Prozent werden an die einzelnen EU-Wohnsitzstaaten der Bankkunden überwiesen. Im Jahr 2009 hatte die Quellensteuer in Österreich rund 90 Millionen Euro erbracht. Nach Angaben des Finanzministeriums waren es 2006 lediglich 12,65 Mio. Euro gewesen, 2007 stiegen sie auf 59,1 Mio. Euro und 2008 gab es eine weitere Erhöhung auf 79,4 Mio. Euro. Für 2010 lagen zuletzt noch keine konkreten Zahlen vor, doch dürfte es einen Anstieg auf über 100 Mio. Euro geben. Mit der Anhebung von 20 auf 35 Prozent wird sich diese Summe entsprechend weiter erhöhen.

Die Revision der EU-Zinsbesteuerung, die von Österreich und Luxemburg weiterhin skeptisch betrachtet wird, sieht nun zwar neben den bisher betroffenen Kapitalerträgen und Kontoverbindungen auch die Einbeziehung von Aktien, Zertifikaten, Stiftungen und Spekulationserträgen vor, doch wird von Wien kritisiert, dass damit das Problem der Steuerhinterziehung nicht gelöst wird. So sei weiterhin eine "Löchrigkeit" gegeben. In vielen Konstruktionen sei nicht klar, wer die echten wirtschaftlichen Eigentümer von Trusts oder anderen Firmen sind, die damit überhaupt nicht erfasst werden könnten und wo Treuhänder nur vorgeschoben würden, kritisiert Österreich.

Das Thema Zinsbesteuerung steht auch auf der Tagesordnung des nächsten EU-Finanzministerrats am 12. Juli. Allerdings wird es dabei keinerlei Beschlüsse oder Entscheidungen geben, es werde nur über die jüngste Entwicklung diskutiert, hieß es in EU-Ratskreisen am Donnerstag. Die Revision der Zinsbesteuerung - der dritte von fünf Punkten des Steuerpakets zur Bekämpfung des Steuerbetrugs - bringt auch das Reizthema Bankgeheimnis zur Sprache, das die EU-Kommission so gern abgeschafft sehen will. Derzeit ist es bereits möglich, über Anleger aus anderen Staaten bei einem konkreten Verdacht auf Steuerhinterziehung Informationen herauszugeben. Dagegen wäre ein automatischer Informationsaustausch, gegen den Österreich und Luxemburg sind, das endgültige Aus des Bankgeheimnisses.

Allerdings ist bei Änderungen in Steuerthemen Einstimmigkeit erforderlich, womit ohne Österreich und Luxemburg nichts läuft. Von der Vereinbarung nicht berührt ist die grenzüberschreitende Zinsbesteuerung, die von der EU vor mehr als fünf Jahren eingeführt wurde. Sie sieht vor, dass Österreich auf Zinseinkünfte von EU-Ausländern eine Quellensteuer einhebt und anonymisiert an ihr Heimatland überweist. (APA)