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Derek Fisher, Präsident der Spielergewerkschaft, sagt: "Spieler wollen Basketball spielen. Es gibt nichts, was wir mehr wollen, als zu spielen".

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NBA-Boss David Stern will die Liga wettbewerbsfähiger machen, und sich das Geld von den Spielern nicht aus der Tasche ziehen lassen.

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So mancher NBA-Fan kann sich nach dem Sommer schon mal einbunkern mit Chips, Bier und einem Pack DVDs von den NBA Finals 1995. Denn sollten es die Clubbesitzer und die Spieler nicht schaffen, sich auf einen Tarifvertrag zwischen Liga und Profis zu einigen, dann geht die neue Saison mit dem Ende des alten Kollektivvertrages (per 1. Juli) vorerst einmal flöten. Es ist für den gemeinen Fan schwer zu glauben, dass ein so erbärmlicher Epilog auf eine der spannendsten Saisonen der letzten Jahre folgt. Die NBA hat gute Zeiten genossen, nur das ist Vergangenheit. Die Liga sagt, dass 22 Teams rote Zahlen schreiben, das Jahres-Minus wird auf rund 300 Millionen Dollar (208 Millionen Euro) geschätzt, bei knapp vier Mrd. Dollar Umsatz.

Abseits der Einser-Frage, wie Einnahmen aufgeteilt werden können, geht es neben der großen Gier nach dem Geld auch um ein bisschen Sport-Philosophie. Auch in den USA, dem Gralshüter des Kapitalismus, wachsen die Bäume nicht mehr in den Himmel. Derek Fisher, Spielmacher bei den heuer grandios gescheiterten Los Angeles Lakers und nebenbei Präsident der Spielergewerkschaft, lehnt niedrigere Gehälter bei fixen Gehaltsobergrenzen für die Teams ab. Die Spieler glauben, dass harte Obergrenzen weniger Spielerwechsel innerhalb der Liga, weniger garantierte Verträge und mehr Geld vom Kuchen für die Superstars bedeuten würde. Es bliebe weniger übrig für die mittelmäßigeren Spieler, warnt Fisher. Und es könnte am Spielfeld noch mehr "ego-gezockt" werden, ein Kampf um Würfe und Spielzeit. Die Vereine fordern eine Verkürzung der Dauer der Verträge und die Abschaffung von "sign and trades", um Spieler an sich zu binden. 

Die Stars kitzelt es nicht

Die Spieler ihrerseits nehmen die Liga aus wie eine Weihnachtsgans, verteidigen sie aber auch. Und ein System, das seit der Bird-Magic-Ära (80er Jahre) so viele Anwärter auf den Titel gebracht hat, wie nie zuvor. Mit einem "hard cap" steht auch die Gefahr im Raum, dass sich Teams nicht mehr so individuell zusammenstellen könnten wie bisher. Vom Hype um die Miami Heat und die "big three" hat die NBA nur profitiert, die mediale Berichterstattung drang weltweit sogar bis zum weniger basketball-affinen Publikum durch. Die Basketballstars fordern ihre Freiheiten, wollen nicht nur wie Kasino-Chips hin und her geschoben werden. Und sie fürchten um ihre Pfründe.

Ein besonders säuerlicher Zankapfel ist die 2-Milliarden-Dollar-Garantie pro Jahr für die Spieler für eine Kollektivvertragsdauer von zehn Jahren. Das bietet die Liga. Was einer recht kleinen Verringerung des bisherigen Betrags von 2,17 Milliarden gleichkommt, aber den "Basketball bezogenen Gewinnanteil" der Spieler aufgrund von erwarteten Mehreinnahmen in zehn Jahren von 57 auf rund 40 Prozent verringern könnte. Immerhin, es gibt weitsichtige Aktionen: Die Spieler zahlen seit zwei Jahren in einen Fonds ein, um denjenigen zu helfen, die durch einen möglichen Lockout in finanzielle Schwierigkeiten kommen könnten. Trotz dieses Fonds bleiben fehlende Gehälter bei einem Lockout der größte Trumpf der Besitzer. "Den großen Stars bereitet das kein Kopfweh", sagt ein NBA-Arbeitsrechtsexperte und ESPN-Kommentator. "Aber die Mehrheit der Spieler ist auf das Geld angewiesen." Die Eigentümer müssten ihr Angebot nur lange genug im Raum stehen lassen, dann müssten es die Mittelklassespieler annehmen.

Größenwahn

So populär die NBA wieder geworden ist, das Kollektivvertrags-System ist natürlich krank. Erlebt hat man das alles schon 1998, als die Liga sich vor der ganzen Welt lächerlich machte. Aber es hat sich nichts geändert Die Spieler sind mächtig, die Vereine aber auch willens ihnen zu zahlen, was sie verlangen. Bis jetzt halt. Die Liste der Akteure, die auf fetten Verträgen sitzen und nichts leisten, ist lang (Rashard Lewis, Jermaine O'Neal, Elton Brand, Zydrunas Ilgauskas, Brad Miller etc.). Das Spielniveau in der Liga ist nicht ausgeglichen, wer den Titel holen will, überschreitet einfach das Salary Cap um das X-fache (und zahlt dafür "Strafsteuern"). Siehe die Champions Dallas Mavericks, die knapp 86 Mio. Dollar für ihren Kader ausgaben.

Ein Lockout wäre eine Katastrophe für die NBA und böte der Ironie viel Platz: dass sich ausgerechnet die selbsternannte beste Basketball-Liga der Welt mit all ihren Stars, Arenen und Millionären als Clubbesitzern in ihrem eigenen Größenwahn finanziell ruinieren könnte. Weniger Arroganz und Geldgeilheit auf beiden Seiten könnte wiederum zu einem arbeitsrechtlichen Frieden beitragen. Die Eintrittskarten für NBA-Matches können die Vereine wohl kaum noch teurer machen. (Florian Vetter, derStandard.at, 30.6.2011)