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Die Rechnung bei Axel Springer: 50 Prozent Print, 50 Prozent Online.

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Georg Konjovic ist seit Anfang des Jahres Director Premium Content der Axel Springer AG.

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"Digital wird viel Geld ausgegeben", sagt Georg Konjovic und meint damit nicht den Journalismus, sondern den Musikbereich. Der hat sich bereits als lukratives, digitales Geschäftsfeld etabliert. Im Jahr 2010 waren es weltweit 4,6 Milliarden Dollar, die in Downloads investiert wurden. Konjovic, Leiter der Premium Content Unit der Axel Springer AG, ist überzeugt, dass noch weitere Bereiche folgen werden, eben der Journalismus. Zur Untermauerung zitiert er eine aktuelle Umfrage aus den USA, wonach sich 20 Prozent der User zumindest vorstellen können, für journalistische Inhalte im Netz zu zahlen. Die 80 Prozent an Gegnerschaft könne man ignorieren, sagt Konjovic, der am Donnerstag auf Einladung des VÖZ in Wien referierte, "wir konzentrieren uns auf die 20 Prozent". Denn für die brauche es ein Angebot.

Print:Online=50 :50

Seit rund einem Jahr experimentiert der Axel Springer Verlag mit Paid Content-Modellen. Nach dem "Trial & Error"-Prinzip. "Berliner Morgenpost" oder das "Hamburger Abendblatt" wurden teilweise kostenpflichtig. Ein erster Schritt in Richtung langfristige Verlagsstrategie. Nämlich 50 Prozent der Erlöse über den Onlinebereich zu generieren. Zurzeit beläuft sich der Anteil auf 24 Prozent, 76 Prozent kommen vom Printgeschäft. Im Jahr 2004 war das Verhältnis noch 98 zu zwei Prozent.

Die optimale Lösung ist noch nicht gefunden, um den Paradigmenwechsel einzuläuten, wie Konjovic einräumt. Den Schlüssel zum Erfolg sieht er in der Symbiose zwischen "spannendem Inhalt, einfachem Bezahlsystem und perfektem Endgerät". Stimmen die drei Komponenten, ließe sich qualitativ hochwertiger Onlinejournalismus finanzieren - und zwar abseits von der Abhängigkeit von Werbung.

Kein Kontakt zum Geld

Bis jetzt seien am Bezahlsystem viele Versuche gescheitert. "Apple und Amazon machen aber schon lange vor, dass es funktionieren kann." Die Devise: "User dürfen keinen Kontakt zum Geld haben." Ein Click statt Zücken der Kreditkarte. Komplett neue Webseiten müssten dafür konzipiert werden. Die Strategie, nur einzelne Bezahlbuttons zu implementieren, sei nicht erfolgsversprechend. In Zukunft sollen alle Axel Springer-Portale mit dem gleichen Login- und Bezahlsystem ausgestattet werden. Ganz egal ob Bild.de, Berliner Morgenpost oder Rolling Stone. "Eine Passwort fürs Bezahlen auf allen Plattformen muss das Ziel sein", sagt Konjovic.

Einen wichtigen Part im digitalen Monetarisieungsprozess soll Springers Verkaufsplattform iKiosk einnehmen. Kunden des Verlags können über die Webseite iKiosk.de und die gleichnamige iPad-App ePaper-Ausgaben von 30 Springer-Titeln erwerben. Ab Herbst will der Konzern iKiosk für andere Verlage öffnen - und damit Geld verdienen. Bislang erhält Apple 30 Prozent der Umsätze, die über iTunes abgewickelt werden. Viel zu viel, wie alle Verlage klagen. Springer verspricht viel günstigere Konditionen, viele haben schon Interesse an einer Zusammenarbeit signalisiert.

Keine Gratis-App im Springer-Imperium

Eine andere Welt ist Springers Engagement in Sachen Apps und Tablets. "In der App-Welt fangen wir gar nicht erst mit der Gratiskultur an", sagt Konjovic. Es gebe im Springer-Imperium keine App, für die nicht bezahlt werden muss. "Und alle unsere Titel haben eine App." Aus Fehlern lerne man: "Eine Gratiskultur lassen wir dort gar nicht erst entstehen." Bei der Preispolitik sei man noch am Experimentieren. 9,99 Euro pro Monat sind am Tablet maximal lukrierbar: "Bei über zehn Euro hatten wir eine 90 prozentige Abbruchquote."

2010 wurden in Deutschland 357 Millionen Euro in Apps investiert, 2011 wird sich diese Zahl auf eine Milliarde fast verdreifachen, wird prognostiziert. Noch weit weg vom Massenmarkt befindet sich der Tablet-Bereich. In Deutschland sind optimistischen Schätzungen zufolge rund eine Million Geräte im Umlauf.

Gute Resonanz auf Werbung

Auch hier geriert sich Springer gerne als Pionier, der das Feld für die Branche beackert. Die Seite Bild.de kann beispielsweise nicht am Tablet aufgerufen werden. Das Portal ist über den Safari-Browser gesperrt und funktioniert nur, wenn man vorher die Bild-App HD kauft. Für knapp zehn Euro pro Monat. "Interaktive Werbung wird am Tablet sehr positiv wahrgenommen", sagt Konjovic und erzählt von Clickraten, die bei 40 Prozent angesiedelt sind.

Generell Mut für Springers-Aktivitäten mache die Entwicklung der "New York Times". Die Onlineausgabe ist seit kurzem mit einer Bezahlschranke versehen. "Im ersten Monat hatten die 100.000 zahlende Kunden." Der Reichweitenverlust betrug nur 13 Prozent, behauptet Konjovic: "Der Markt ist da." Als weiteren "Beweis" führt er bild.de ins Treffen. Auf der Seite werden Fußballspiele aus der türkischen oder holländischen Liga übertragen. Für sieben Euro pro Match. "Und wir verdienen Geld damit." Ein nächster Coup ist bereits in Arbeit. Springer will die deutsche Bundesliga auf bild.de bringen. (om, derStandard.at, 30.6.2011)