Wien - Das Vorzeigeprojekt wackelt: Kommende Woche soll der Nationalrat den neuen Pflegefonds beschließen. Doch nun könnte das Vorhaben von der Tagesordnung gestrichen werden.
Hintergrund: Der mit 685 Millionen Euro dotierte Fonds soll für drei Jahre die wachsenden Kosten der Pflege stillen. Ein Drittel zahlen die zuständigen Länder, zwei Drittel schießt der Bund zu. Im Gegenzug verzichteten die Länder auf Kompetenzen: Wie vom Rechnungshof gefordert, soll künftig ausschließlich der Bund das Pflegegeld genehmigen und ausbezahlen. Statt 303 zuständigen Stellen sind nur mehr acht vorgesehen, in vielen Fällen soll die Verfahrensdauer beträchtlich sinken.
Für diese Verwaltungsreform braucht die Koalition eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat und damit die Stimmen von zumindest einer Oppositionspartei. FPÖ, BZÖ und Grüne winken aber ab. Grund: Das Land Vorarlberg hat durchgesetzt, dass die Pflegegeldreform erst einmal nur bis 2014 gilt. "Das war eine Zug-um-Zug-Vereinbarung", argumentiert man im Ländle: Der Pflegefonds sei ja auch nur bis 2014 dotiert.
Ein Joker für die Länder
Für "grotesk" hält das der grüne Sozialsprecher Karl Öllinger: Die Vorarlberger wollten den Ländern wohl einen "Jolly Joker" in die Hinterhand geben, um bei den Finanzausgleichverhandlungen in drei Jahren die Regierung unter Druck setzen zu können. Ähnlich empört geben sich Freiheitliche und Orange. Die Koalition will verhandeln, hat aber auch den Worst Case im Hinterkopf. Wenn für die Pflegegeldreform die Mehrheit fehle, dann werde das ganze Paket inklusive Pflegefonds von der Tagesordnung fliegen, heißt es in der ÖVP - was die Opposition als Drohgebärde wertet.
Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer nimmt die Warnungen hingegen ernst - und warnt vor "dramatischen Auswirkungen" für die klammen Kommunen. Zuversichtlich gibt sich Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ): Man werde die Zweidrittelmehrheit finden. (jo, APA, DER STANDARD, Printausgabe, 1.7.2011)