Die drei deutschen Bewerber überzeugten im Hearing um die Chefposten nicht hundertprozentig.
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Wien - Bundesratspräsident Gottfried Kneifel (VP) hat die Entscheidung des Bundesrates für Christoph Herbst bereits kurz vor neun Uhr bekanntgegeben, obwohl die Sitzung und die Abstimmung erst am Nachmittag erfolgte. "Der Bundesrat wird Dr. Christoph Herbst als neuen Verfassungsrichter vorschlagen. Der Beschluss für diesen Vorschlag wird im Rahmen der heutigen Plenarsitzung des Bundesrates erfolgen", teilte Kneifel am letzten Tag seiner Präsidentenfunktion mit.
Schlussendlich wurde der Wiener Anwalt, Kurzzeit-Aufsichtsratschef vom Wiener Flughafen und derzeit dort Interims-Chef, gegen 17.15 Uhr vom Bundesrat zum Höchstrichter nominiert. Mit Ausnahme der Freiheitlichen haben alle Fraktionen für Herbst gestimmt.
Mit seinem Umstieg kommt der 51-Jährige in alte Gefilde zurück. Von 1985 bis 1992 war Herbst wissenschaftlicher Mitarbeiter des VfGH, in den drei Jahren davor war er Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht gewesen.
Herbst nimmt jenen Posten ein, der durch den Tod von Willibald Liehr frei wurde. Liehr hatte sein Amt heuer aus Krankheitsgründen vorzeitig zurückgelegt - Ende des Jahres wäre er wegen Erreichung des 70. Lebensjahres ausgeschieden.
Das Procedere: Der Präsident des VfHG hatte dem Bundesrat mitgeteilt, dass ein Posten frei wurde, woraufhin die Stelle ausgeschrieben wurde. Zwölf Bewerber hatten sich gemeldet, der Bundesrat wird nun seinen Vorschlag an den Bundespräsidenten übermitteln. Nimmt er den Vorschlag an, so ernennt er Herbst zum Richter, angelobt wird er dann vom VfGH.
Insgesamt besteht der VfGH inklusive Präsidenten und Vizepräsidenten aus 14 Richtern, zudem gibt es sechs Ersatzmitglieder. Für die Position des Präsidenten und Vizepräsidenten hat die Bundesregierung das Vorschlagsrecht, zudem nominiert sie sechs Richter und drei Ersatzmitglieder. Die übrigen sechs Richter und Ersatzmitglieder werden zum Teil vom Nationalrat und zum Teil vom Bundesrat vorgeschlagen. Die nächsten Bestellungen stehen Ende 2012 an.
Umzug ins Kunstforum
Seinen Arbeitsplatz wird Herbst in den neuen Büroräumlichkeiten des Verfassungsgerichtshofes haben: Alle drei bisherigen Standorte in der Innenstadt werden aufgelassen. Der Verwaltungsgerichtshof übernimmt die Zentrale am Judenplatz zur Gänze. Und die 20 Verfassungsrichter übersiedeln 2012 samt 110 Mitarbeitern in die Büroräumlichkeiten oberhalb des Bank Austria Kunstforums. Interessantes Detail: Das Kunstforum gehört der Signa Holding von René Benko. Dessen neuer Geschäftsführer ist der ehemalige Chef der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), Christoph Stadlhuber. Der BIG gehören wiederum die derzeitigen Büroräumlichkeiten der Höchstgerichte. Mit Signa wurde ein unbefristeter Mietvertrag zum Preis von 18 Euro/m2 vereinbart.
"Kein Kaliber"
Wer künftig am Flughafen das Sagen haben wird entscheidet sich vermutlich in den nächsten zwei Wochen, obwohl die bisher im Hearing befragten deutschen Manager nicht das boten, was man erwartet hatte. Auf der Shortlist stehen fünf Personen. Die beiden Österreicher, Julian Jäger (SP) und Günther Ofner (VP) müssen sich nächste Woche dem Hearing stellen. Am Mittwoch wurden Michael Gravens vom Flughafen Köln, Jost Lammers (früher Flughafen Düsseldorf, jetzt Flughafen Budapest) und Erik Malitzke, Niederlassungsleiter von DHL Leipzig befragt. Das Problem das alle drei haben: Sie könnten frühestens im Jänner 2012 den Job antreten. Und es sind keine "Kaliber" dabei.
Gravens, so ist zu hören, war beim Hearing der Beste unter den dreien. Sein Manko: Er ist CDU-Mitglied und seine Gehaltsvorstellungen entsprechen mit einer dreiviertel Mio. Euro in etwa dem Doppelten von dem, was die jetzigen Vorstandsmitglieder bekommen. Sein Vertrag Am Airport Köln wurde jüngst erst bis 2017 verlängert, was Eingeweihte auch stutzig macht. Der Flughafen Budapest schreibt seit Jahren Verluste, was wiederum keine Empfehlung für Lammers ist. Und Malitzke hat als DHL-Verantwortlicher auch noch nie einen größeren Airport gemanagt. (Claudia Ruff, Renate Graber, DER STANDARD, Printausgabe, 1.7.2011)