Es hatte den Hauch eines historischen Moments ("Wir wollen das Land verändern und die Steiermark auf neue Fundamente stellen"), als SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves und ÖVP-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer verkündeten, dass sie endlich, nach Jahrzehnten des Streits, bereit seien, das Proporzsystem abzuschaffen, Landesregierung und Landtage zu verkleinern und Bezirkshauptmannschaften und Gemeinden zusammenzulegen. Auch die zuvor schon bekundete Absicht, den großen Brocken Budget nun gemeinsam aufzuarbeiten, um das Defizit in den Griff zu bekommen, verdient speziell im Lichte der dramatischen Budgetkrisen in Europa Respekt. In der Steiermark zeigen Rot und Schwarz, dass sie wirklich können, wenn sie wollen.

Dennoch ist noch Achtsamkeit geboten. Die Abschaffung des Proporzes, die längst überfällig war, ist nur ein erster Schritt. Wenn das neue System einer freien Mehrheitsbildung, das ein Wechselspiel von Regierung und Opposition zulassen soll, nicht auch mit neuer politischer Kultur gelebt wird, besteht die Gefahr, dass - wie in Salzburg, wo schon länger der Proporz abgeschafft ist - vieles beim Alten bleibt. Denn im Grunde können Rot und Schwarz die große Koalition prolongieren und sich weiter alles fein säuberlich proporzmäßig aufteilen - obwohl der Proporz nicht mehr existiert. Tatsächlich ändern wird es sich wenigstens für eine Partei: die FPÖ. Sie wird vor die Tür gesetzt. (Walter Müller, DER STANDARD, Printausgabe, 1.7.2011)