Aus Furcht vor digitaler Konkurrenz begeben sich TV-Anstalten auf die Suche nach neuen Märkten. Das ist offenbar nicht ganz einfach, worauf der jüngste Vorstoß hinweist. Soeben kündigt ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling einen Sender für die männliche Zielgruppe im Alter zwischen 45 und 65 Jahren an. "Ein Schuss Dmax, Sport 1, Arte und ProSieben", plant er laut Süddeutsche Zeitung für die zweite Jahreshälfte 2012. Interessanter Plan.

Er kommt nicht von ungefähr. Die Zielgruppen der Zukunft schauen schon jetzt mehr Bewegtbilder am PC als Fernsehen: "Niemand braucht mehr exklusiv die große Kiste im Wohnzimmer", sagte zuletzt Ralf Klassen, Digital-TV-Chef von stern.de in Wien. Sich noch schnell jene Zuschauer zu sichern, die dem Kastl voraussichtlich treu bis in den Tod bleiben, mag mittelfristig ein cleverer Schachzug sein. Dazu kommt, dass der vor einem Jahr ebenfalls von ProSiebenSat.1 ins Rennen geschickte "Frauensender" Sixx offenbar nicht schlecht performt. Der Sender wendet sich an Zielgruppen, die Desperate Housewives und Grey's Anatomy nicht oft genug schauen können - die gibt's.

Das Problem: Die Fernsehvorlieben der Geschlechter gleichen einander wie Tag und Nacht. Ein Blick auf die meistgesehenen Sendungen im ORF 2010 spricht eine klare Sprache: Von 30 waren in diesem Ranking drei nicht Sport. Das von Ebeling vorgeschlagene Programm dürfte an der Zielgruppe vorbeigehen. Eine weitere Ankündigung überrascht ebenfalls: Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber berät künftig die Gruppe. Signale für vorwärtsgerichtete Unternehmenspolitik senden die Münchner derzeit nicht unbedingt aus. (Doris Priesching, DER STANDARD, Printaugabe, 2./3.7.2011)