Athen - Die griechische Küstenwache hat einen der Kapitäne der neuen Gaza-Flotte festgenommen. Der US-Amerikaner habe versucht, trotz eines Verbots der griechischen Regierung mit seinem Schiff "Audacity of Hope" und knapp 50 Passagieren an Bord am Samstag aus dem Hafen Keratsini in der Nähe von Piräus auszulaufen, berichtete der staatliche griechische Rundfunk. Aktivisten der sogenannten Gaza-Flotte wandten sich in einer Reaktion gegen das griechische Auslaufverbot der Flotte in einem Offenen Brief an Ministerpräsident Giorgos Papandreou.
Darin wird er aufgefordert, die Schiffe Richtung Gazastreifen auslaufen zu lassen. Der Brief ist auch von dem Journalisten und Publizisten Leo Gabriel unterzeichnet, der die österreichische Gruppe, die sich an der Gaza-Hilfsflotte beteiligen will, leitet.
Zudem verbreiten Aktivisten eine Textvorlage eines Protestbriefs an die griechische Botschaft in Wien, wie aus einer Aussendung der Organisation "Solidar-Werkstatt" am Sonntag hervorging. In dem Schreiben an den griechischen Botschafter in Österreich, Panayotis Zografos, heißt es, die Entscheidung der griechischen Regierung, die Flotte zu stoppen, "widerspricht nicht nur dem Völkerrecht, sondern macht die Regierung Papandreou zu einem Komplizen bei der Unterdrückung Palästinas durch die israelische Armee. Wir fordern die griechische Regierung daher auf, die Schiffe der Gaza-Flottille sofort ausfahren zu lassen."
Seit einer Woche hatten Aktivisten aus zahlreichen Staaten sich darauf vorbereitet, von verschiedenen Mittelmeerhäfen aus mit einer Flotte Hilfsgüter in den Gazastreifen zu bringen. Die Schiffe und Boote der neuen Gaza-Flotte befinden sich in kleineren Häfen nahe Piräus sowie auf den Inseln Kreta und Korfu. Einige Schiffe sollten auch aus anderen Mittelmeerstaaten, darunter Frankreich und der Türkei, losfahren.
Der festgenommene amerikanische Kapitän soll am Dienstag vor Gericht erscheinen. Der Kapitän wird nach Angaben eines Anwalts unter "schockierenden Bedingungen", ohne Bett und Toilette, festgehalten, außerdem bekomme er "weder Essen noch Wasser". Die Regierung in Athen hatte den Aktivisten am Freitag verboten, von Griechenland aus Richtung Gaza in See zu stechen. Zur Begründung hieß es, Israel habe vor dem Gazastreifen eine Verbotszone für Schiffe verhängt.
"Es tut mir weh. Ich bin traurig und verärgert", sagte eine der Passagiere der "Audacity of Hope", Heidi Epstein, dem griechischen Fernsehsender Mega nach der Festnahme des Kapitäns. "Ich möchte nach Gaza fahren", fügte die Holocaust-Überlebende hinzu. Andere Aktivisten hielten Athen eine Verletzung des Seerechts vor. "Wir sind nicht Menschen, die so leicht aufgeben", sagte eine von ihnen im Fernsehen.
Das Nahostquartett aus UN, EU, Russland und den USA forderte die Aktivisten auf, nicht auszulaufen. "Wir bitten mit Nachdruck alle, die helfen wollen, die erprobten Kanäle zu wählen. Dann können die Hilfsgüter kontrolliert werden und über den Landweg ihr Ziel erreichen", heißt es in einer am Samstag bei den Vereinten Nationen in New York verbreiteten Erklärung. "Das Quartett ruft alle Regierungen auf, mit ihrem Einfluss weitere Aktionen zu verhindern. Andernfalls wird das Leben der Beteiligten riskiert und eine Eskalation der Lage hingenommen."
Bereits am Freitag hatte Vangelis Pissias, ein Sprecher der Aktivisten, erklärt: "Wir werden versuchen auszulaufen". Er warnte die Athener Regierung davor, Griechenland "in eine Art zweites Gaza" zu verwandeln. Das griechische Außenministerium hatte bereits Anfang vergangener Woche alle griechischen Bürger und die Besatzungen griechischer Schiffe davor gewarnt, an der Aktion teilzunehmen.
Bereits 2010 hatte eine Gaza-Hilfsflotte versucht, die israelische Seeblockade des palästinensischen Gazastreifens zu durchbrechen. Dabei waren neun türkische Aktivisten bei der Erstürmung eines Hilfsschiffes von einem israelischen Kommando getötet worden.
Der schwedische Schriftsteller Henning Mankell kritisierte Griechenland und Israel wegen der Blockade der Gaza-Hilfsflottille scharf. Den Israelis sei es gelungen, die illegale Blockade des Gaza-Streifens an die Griechen "outzusourcen", sagte Mankell dem Online-Magazin stern.de. Sollte es bei der Behinderung durch die Griechen bleiben, müsse man andere Formen des Protestes gegen die Behandlung der Palästinenser finden, sagte Mankell, der die Flottille erneut unterstützt. (APA)