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Zumindest nach außen hin inszeniert Silvio Berlusconi einen optimistischen Blick für seine Partei in die Zukunft – diese soll von Justizminister Angelino Alfano gestaltet werden.

Foto: Reuters / Remo Casilli

Ob der 40-Jährige aber aus dem Schatten seines Mentors treten kann, ist fraglich.

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Es war eine Kür ganz nach Silvio Berlusconis Geschmack. Der 40-jährige italienische Justizminister Angelino Alfano wurde am Wochenende in Rom zum neuen Parteichef des Popolo della Libertà (PdL, Volk der Freiheit) bestellt. Doch statt der geplanten regulären Wahl plädierte der Premier in einer emotionalen Rede dafür, den sizilianischen Abgeordneten schlicht und einfach durch "plebiszitäre Akklamation" in sein Amt zu hieven. Nur einer der 1073 Delegierten widersetzte sich der unorthodoxen Prozedur. Das Parteivolk reagierte mit Standing Ovations, Berlusconi wischte sich Tränen aus den Augen: "Ein Zeichen dafür, dass ich alt werde."

Mit Alfanos Wahl wird der bisher praktizierte Proporz hinfällig, wonach 70 Prozent aller Parteiämter an die Fraktion Forza Italia (FI)und 30 Prozent an die ehemalige Alleanza Nazionale (AN) fallen.

Der Konvent demonstrierte einmal mehr, dass der Weg des PdLzu einer Partei mit normalem demokratischem Innenleben noch lang ist. Was Berlusconi in seiner Rede zu sagen hatte, hörte sich kaum nach dem angekündigten "Neubeginn" an: Angriffe auf linke Richter und auf das Verfassungsgericht, Ankündigung einer Justizreform und eines Gesetzes, das den Abdruck von Telefonmitschnitten verbieten soll.

Alfano wünschte sich eine "Partei der Ehrlichen" und appellierte gleichzeitig an Berlusconi, 2013 erneut für das Amt des Premiers zu kandidieren: "Wir benötigen Ihren Enthusiasmus, Ihren Schwung und Ihre Energie!" Ob der 40-Jährige aus dem Schatten seines allmächtigen Mentors treten kann, bleibt fraglich. "Wir wissen nicht, ob Alfano der Sekretär des Cavaliere oder der Partei ist" , spottete Oppositionsführer Pier Luigi Bersani.

Der ungewöhnliche Wahlmodus ließ keine Einschätzungen über das reale Kräfteverhältnis in der zerstrittenen Regierungspartei zu. Mehrere Seilschaften hatten bis zuletzt versucht, Alfanos Bestellung zu hintertreiben. So prangerte Roms Bürgermeister Gianni Alemanno (AN) die "inakzeptable Unterwürfigkeit" der Partei gegenüber dem rechten Koalitionspartner Lega Nord an.

Die ließ auch prompt mit einer Verschärfung der Tonart aufhorchen: Umberto Bossi drohte mit der Sezession des Nordens des Landes, Minister Roberto Calderoli mit einem Koalitionsbruch: "Wir haben genug. Entweder gibt es konkrete Ergebnisse oder wir überlassen Berlusconi seinen Vergnügungen."

Die Lega fordert Änderungen am umstrittenen Sparpaket und wendet sich gegen die Erhöhung des Pensionsalters für Frauen. Für Empörung sorgt bei den Rechtspopulisten vor allem die Tatsache, dass alle Pensionen über 1400 Euro von Kürzungen betroffen sein sollen.

Die Ratingagentur Standard & Poor's bezeichnete das Sparpaket über 47 Milliarden Euro als "nicht ausreichend" . Der ehemalige EU-Kommissar Mario Monti bemängelte das "Fehlen jeder konkreten und glaubwürdigen Strategie" .

"Wir haben unsere Händen nie in die Taschen der Bürger gesteckt" , versicherte Berlusconi. Doch laut Tageszeitung La Stampa kostet das Sparpaket jede italienische Familie rund 500 Euro. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 4.7.2011)