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Volkswagen bringt MAN unter seine Kontrolle.

Foto: Reuters/Alex Domanski

München/Wolfsburg -  Europas größter Autobauer Volkswagen hat sich die Kontrolle beim Lastwagenbauer MAN gesichert. Der Wolfsburger Autokonzern kann 55,9 Prozent der MAN-Stammaktien übernehmen, wie VW mitteilte. MAN wird damit nach der Integration von Porsche die elfte Tochter im VW-Autoreich. "Volkswagen ist mit dem Ergebnis mehr als zufrieden", erklärte Konzernchef Martin Winterkorn. Die VW-Spitze will einen eigenen Lastwagenkonzern aus MAN und der schwedischen VW-Tochter Scania unter VW-Führung bilden. Auf dem Wege dazu sei mit der Mehrheit an MAN "ein wichtiger Meilenstein" erreicht worden, teilte Volkswagen mit.

Anfang Mai hatten die Wolfsburger überraschend ihren Anteil an MAN auf über 30 Prozent erhöht und mussten ein Pflichtangebot abgeben. Erstmals nannte VW dazu auch ganz konkret als Ziel, einen "integrierten Nutzfahrzeugkonzern" schaffen zu wollen. Durch eine engere Zusammenarbeit von MAN, der schwedischen VW-Tochter Scania und Volkswagen erwartet die Konzernspitze "erhebliche Synergien" bei Einkauf, Entwicklung und Produktion.

Positive Reaktion

MAN begrüßte die Übernahme durch Volkswagen: "Unsere Aktionäre haben sich entschieden: MAN wird zur VW-Familie gehören", sagte ein Sprecher am Montag in München. Damit werde ein neues Kapitel in der 253-jährigen Geschichte des Unternehmens aufgeschlagen. "Die sich daraus ergebenen Chancen werden wir aktiv nutzen. Die Wolfsburger Pläne für eine LKW-Allianz mit der schwedischen VW-Tochter Scania würden aus München vollständig unterstützt. "Unser Anspruch daran ist klar: Wir wollen gemeinsam Potenziale heben", sagte der Sprecher. VW könne MAN künftig in seine Bilanz einrechnen und den Gewinn anteilig einstreichen, sagte Marc-Rene Tonn vom Bankhaus M.M. Warburg. In einem späteren Schritt könnten MAN und Scania in einer Lkw-Gruppe geführt werden, an der VW nicht zwangsläufig die Mehrheit halten müsse.

Die Frist für die Annahme des Angebots war am vergangenen Mittwoch abgelaufen. Der Kurs der MAN-Aktie war in den Tagen zuvor deutlich unter den Angebotspreis von 95 Euro pro Aktie gesunken. Händler könnten die Papiere günstig gekauft und dann das VW-Angebot angenommen haben, hieß es. Volkswagen hatte zunächst mindestens 35 bis 40 Prozent der Anteile an MAN erreichen wollen, um kartellrechtliche Hürden für eine enge Kooperation mit Scania aus dem Weg zu räumen. Die VW-Spitze arbeitet schon seit Jahren an einer Allianz der Lkw-Bauer.

MAN wird eine weitere Tochter im VW-Imperium, das in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen ist. Nach dem spektakulären Ringen um die Macht bei Porsche will VW sein Reich weiter ausbauen. Schon im vorigen Jahr schaffte der Wolfsburger Autobauer das neue Vorstandsressort "Nutzfahrzeuge". Bisher aber findet sich nur der schwedische Lastwagenbauer Scania, an dem VW die Mehrheit der Stimmrechte hält, in der Sparte. Europas größter Autobauer will die Zusammenarbeit von MAN mit seiner schwedischen Tochter Scania forcieren, an der die Wolfsburger knapp 71 Prozent der Stimmrechte halten. Kooperationen bei Einkauf, Entwicklung und Produktion sollen MAN und Scania Kostenvorteile von 200 Mio. Euro im Jahr bringen.

EU tritt auf die Bremse

Die EU-Kommission hatte vergangene Woche erst den Versuch von Volkswagen ausgebremst, bereits vor der Genehmigung durch die Wettbewerbshüter die Kontrolle im MAN-Aufsichtsrat zu übernehmen. Die VW-Führung muss nun abwarten, bis die Behörden grünes Licht für die Kontrolle von MAN geben, bevor sie in das Gremium einziehen kann.

Volkswagen will bis 2018 größter Autokonzern der Welt werden. Doch auf dem Weg an die Weltspitze gibt es noch einige offene Flanken. Mit der Mehrheitsübernahme von MAN hat VW auch eine neue Baustelle aufgemacht. Neben der wegen juristischer Probleme schwierigen Eingliederung des Sportwagenbauers Porsche läuft auch die Partnerschaft mit dem japanischen Kleinwagenbauer Suzuki nicht so reibungslos wie erhofft. In China, Russland und Indien ist VW auf Expansionskurs, in den USA verfolgt Volkswagen mit einer gerade neu eröffneten Fabrik große Pläne. Und innerhalb des Konzerns ist auch die spanische Tochter Seat immer noch ein Problemfall. (APA/Reuters)