In den vergangenen zwei, drei Jahrzehnten galt es als ausgemacht, dass staatliche Verwaltung an sich schlecht, ihr Abbau schon aus prinzipiellen Gründen richtig sei. Gestützt war das auf ein breites Spektrum ideologisch begründeter Vorurteile - von der rechtsliberalen Skepsis gegenüber staatlicher Lenkung und Bevormundung bis zur linksliberalen Skepsis gegenüber einem dem Wesen nach konservativen, modernisierungsfeindlichen Beamtentum. Dazu kamen noch die eine oder andere Erfahrung mit Endlosverfahren und das über viele Medien verbreitete Bild, der öffentliche Dienst bestehe im Wesentlichen aus fleischgewordenen Ärmelschonern, deren wesentliche Funktion darin bestehe, auf unser aller Kosten ungerechtfertigte Privilegien zu lukrieren.

Entsprechend hat die Politik ausgesehen: Seit 15 Jahren wurde bei der Personalaufnahme gedrosselt - was zu einer Überalterung des gesamten öffentlichen Dienstes geführt hat. Es wurden weite Bereiche der Verwaltung in eigene Gesellschaften ausgelagert - diese agieren nun angeblich marktwirtschaftlich, was sich für die Bürger öfter in höheren Gebühren als in besseren Dienstleistungen niederschlägt. Und die wesentlichen Privilegien des alten Pensionsrechts wurden den Beamten ebenfalls genommen - was die Attraktivität des Staates als Arbeitgeber nicht erhöht hat.

Dass gleichzeitig die Staatsaufgaben mehr statt weniger geworden sind, darf nie übersehen werden, wenn man den öffentlichen Dienst gerecht beurteilen will.

Dieses gerechte Urteil versuchte nun eine Kommission im Auftrag der Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek - und die 50 Empfehlungen, die dabei herausgekommen sind, stellen tatsächlich einen brauchbaren Ansatz für eine entspanntere Betrachtung der öffentlichen Verwaltung dar.
Es wird vor allem die beigezogenen deutschen Kommissionsmitglieder erstaunt haben, dass im kleinen Österreich über 30 verschiedene Dienstrechte gelten - um wohlgemerkt gleichartige Ergebnisse zu erzielen. Hier könnte man wohl mit einem Federstrich reformieren. 

Schwieriger wird es dort, wo der Reformeifer der vergangenen Jahre Lücken gerissen hat: Der öffentliche Dienst ist gerade für hochqualifizierte Spezialisten, die man in der modernen Verwaltung brauchen würde, längst kein attraktiver Arbeitgeber mehr. Und ein Besoldungsrecht, das zumindest finanzielle Anreize schaffen würde, ist nicht in Sicht, weil es den Arbeitgeber Staat zu teuer käme - die Experten fordern übrigens vehement eine marktgerechte Bezahlung der Staatsdiener ein.
Man kann natürlich auch an anderen Punkten ansetzen, wenn man bessere öffentlich Bedienstete haben will - und da gibt es einige neue Ansätze: So sollte es Vertragsbediensteten und Beamten erleichtert werden, berufsbegleitend zu studieren. Der Umstieg aus der Privatwirtschaft - aber auch der umgekehrte Weg aus der öffentlichen in die private Verwaltung - müsste erleichtert werden. Wie in der Privatwirtschaft müssten sogenannte High Potentials als potenzielle Führungsreserve aufgrund ihrer Talente (jenseits allfälliger Parteimitgliedschaften) erkannt und gefördert werden.
Und schließlich gehörte die innere Verwaltungsorganisation - Stichwort: Budget und Rechnungswesen - auf modernen Stand gebracht. Was zu tun ist, weiß die Ministerin nun. Bis zur Wahl hat sie zwei Jahre Zeit. (Conrad Seidl, DER STANDARD; Printausgabe, 5.7.2011)