Der dänische Zoll startet am Dienstag mit seinen international heftig umstrittenen neuen Kontrollen. An Grenzübergängen mit Deutschland sollen dabei zunächst 30 zusätzliche Zollbeamte stichprobenartig Kontrollen zur Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität machen. Für dänisch-schwedische Übergänge sind 20 Beamte vorgesehen. Später sind die Verdoppelung der Zöllnerstellen sowie elektronische Überwachungsanlagen und neue Zollgebäude geplant. Die neuen Kontrollen kamen auf Druck der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei zustande.

EU-Kritik

Die EU-Kommission und die deutsche Regierung haben die Pläne der Kopenhagener Regierung kritisiert. Sie sehen darin eine potenzielle Gefährdung der Reisefreiheit innerhalb der Europäischen Union und verlangen die strikte Einhaltung des Schengener Unions-Vertrages. Die dänische Regierung versichert, dass sie sich an den Vertrag halten werde. Normale Reisende würden von den neuen Kontrollen nicht behindert. Die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen erfüllt mit den Grenzkontrollen eine Forderung der rechtspopulistischen DVP.

"Ich sage Ja zu anlassbezogenen Kontrollen, aber Nein zu einer Willkür", erklärte  Innenministerin Johanna Mikl-Leitner am Dienstag vor dem Ministerrat gegenüber Journalisten. Österreich gehe im Gegensatz zu Dänemark mit dem Instrument "anlassbezogener Grenzkontrollen" sehr sorgsam um. Die EU müsse nun die Situation beobachten und über etwaige Konsequenzen nachdenken, meinte die Ministerin.

Auch die dänische Pro-Europa-Bewegung protestierte gegen die neuen Kontrollen. "Sie verstoßen gegen die europäische Idee vom grenzenlosen Europa", sagte ihr Präsident Erik Boel. "Dafür haben wir und frühere Generationen seit dem Zweiten Weltkrieg gekämpft".

Dänische Vertragsverletzung

Der Innsbrucker Experte für Europarecht, Walter Obwexer sieht die dänischen Kontrollen allerdings als Verletzung von Unionsrecht. Der Schengener Grenzkodex sähe vor, dass Personen an jeder Stelle die Grenzen innerhalb des Schengenraumes ungehindert überschreiten dürfen. Nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dürfe das Abkommen für höchstens 30 Tage außer Kraft gesetzt werden. "Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sehe ich allerdings in diesem Fall nicht", so Obwexer im Gespräch mit derStandard.at. Die einzige Möglichkeit einer Kontrolle sei nach wie vor die Schleierfahndung, die allerdings nicht direkt an der Grenze zulässig ist.

Sollte die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Dänemark einleiten und feststellen, dass das dänische Vorgehen nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist, müsste Kopenhagen die Kontrollen mit sofortiger Wirkung aussetzen. Ansonsten würde eine zweite Klage beim Gerichtshof in Luxemburg eingereicht. Den Dänen könnte in diesem Fall eine saftige Strafe drohen. Ein allfälliges Bußgeld (Zwangsgeld) wird laut Obwexer nach einer einfachen Formel berechnet, die sich aus einem Grundbetrag von 640 Euro mal der Schwere des Verstoßes mal der Dauer multipliziert mit dem dänischen Länderfaktor von 3,22 ergibt. Für Dänemark würde das pro Tag ein Zwangsgeld zwischen 2.060 und 123.648 Euro ergeben.

"Menetekel für die Freiheit in Europa"

Deutsche Bundes- und Landespolitiker hatten die verstärkten dänischen Kontrollen kritisiert. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte davor gewarnt, die Kontrollen könnten "zu einem Menetekel für die Freiheit in Europa werden". Allerdings betonte er auch, dass die deutsch-dänische Freundschaft stabil sei. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) sagte: "Wir wollen offene Grenzen und nicht geschlossene. Wir wollen mehr Personenverkehr und mehr Wirtschaftsverkehr." Der Europaminister des deutschen Bundeslandes Hessen, Jörg-Uwe Hahn, hat an seine Landsleute appelliert, Dänemark als Urlaubsland zu boykottieren. "Wenn Dänemark zur Urlaubszeit wieder Grenzkontrollen einführt, kann ich nur dazu raten, auf der Stelle umzudrehen und lieber in Österreich oder Polen Urlaub zu machen", zitierte bild.de den FDP-Politiker.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache findet die dänische Entscheidung zu neuen Grenzkontrollen "goldrichtig". Auch für Österreich forderte Strache bei einer Pressekonferenz am Dienstag die temporäre Aussetzung des Schengen-Abkommens. (red, APA)