Graz - Wissenschafter am Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz haben eine Methode entwickelt, die es erstmals möglich macht, Treibhausgaskonzentrationen in der Erdatmosphäre über längere Zeiträume hinweg und sehr genau zu messen. Das Verfahren beruht auf Messungen mit Hilfe von Mikrowellen- und Infrarotlaser-Signalen zwischen Satelliten in einer Höhe von einigen hundert bis zu 1.500 Kilometern (Low Earth Orbit) und liefere auch exakte zentrale Klimadaten wie Temperatur, Druck, Feuchtigkeit und Wind, halten die Grazer Autoren im Fachjournal Geophysical Research Letters fest.

Die Forschungsgruppe ARSCliSys, geleitet von Gottfried Kirchengast, erforscht u.a. Satelliten-gestützte Methoden zur Fernerkundung der Erdatmosphäre und des Klimasystems, um damit Fragen über den Grad und die Entwicklung der Erderwärmung und den globalen Klimawandel zu beantworten. Eine besonders geeignete Methode für den weltweiten Blick zur Beantwortung solcher Fragen scheint die sogenannte Okkultationstechnik mittels Signalen von globalen Navigationssatelliten oder Low Earth Orbit-Satelliten (LEO) zu sein.

Bei der Mikrowellen- und Infrarotlaser-Okkultation schicken Sender-Satelliten Signale aus, die von Empfänger-Satelliten aufgefangen werden. Auf ihrem Weg durch die Atmosphäre werden diese gebrochen und teilweise absorbiert, so dass sie gedämpft beim Empfänger ankommen. Daraus erhält man über den Vergleich zwischen verschicktem und empfangenem Signal Hinweise auf die Eigenschaften der Atmosphäre.

Quantenmechanische Eigenschaften geben Hinweise

Die Grazer Forscher machen sich bei ihrer neuen Methode unveränderliche quantenmechanische Eigenschaften der Treibhausgase zunutze: "Die verschiedenen Treibhausgase - wie Kohlendioxid, Methan, Lachgas, Ozon und Wasserdampf - absorbieren die Infrarotlaser-Signale auf ganz bestimmten Wellenlängen stark und dazwischen fast gar nicht. Jedes Gas hat ganz charakteristische Absorptionslinien", erklärte Kirchengast. Durch die Bestimmung lasse sich dann auch die jeweilige Konzentration der Gase und auch die Windstärke bestimmen.

Kirchengast leitet seit 2005 die Forschung in einem immer größer werdenden Team. Susanne Schweitzer, Koautorin der aktuellen Publikation, hat u.a. herausgefunden welche Absorptionslinien für die Infrarotlaser-Okkultation infrage kommen: "Im möglichen Bereich im Kurzwellen-Infrarot gibt es über hunderttausend Linien, jedoch nur wenige Dutzend waren letztlich geeignet". Zusätzliche Daten zu Temperatur, Druck und Feuchtigkeit werden über die Signale der Mikrowellen-Okkultation gewonnen, bei deren Entwicklung die Grazer Forscher auch führend mitwirken. "Alle diese Daten weisen eine Qualität auf, die selbst ausgesuchte Bodenstationen mit rein lokaler Messung schwer erreichen", betonte Kirchengast.

Bisher konnten in der freien Atmosphäre, die etwa zwei bis drei Kilometer über der Oberfläche beginnt, nur Temperatur und Druck mit vergleichbarer Qualität gemessen werden. Für die weltweite Beobachtung weiterer Klimagrößen und vor allem der Treibhausgase gab es bisher kein geeignetes System - einschlägige Daten basieren auf punktuellen Messungen aus Ballons oder Flugzeugen sowie auf Modellen und vergleichsweise ungenauen Satellitendaten, hieß es vonseiten des Wegener-Zentrums. (red/APA)