Die bedarfsorientierte Mindestsicherung ist ein Auffangnetz, ein Instrument sozialer Solidarität. Sie bewahrt Menschen vor dem Absturz in existenzielle Armut, die - meist vorübergehend - aus eigener Kraft nicht für ihren Lebensbedarf sorgen können. Insofern ist es verständlich, wenn die öffentliche Hand vor der Ausbezahlung dieser Sozialleistung Wert auf Transparenz legt: Die Mittel sollen jenen zukommen, die sie wirklich brauchen.

Doch diesen Kontrollwillen kann man auch übertreiben: Die exzessive Datenübermittlung über Mindestsicherungsbezieher zeigt es. 15 Stellen werden in Wien kurzgeschlossen, bevor Geld an einen Bedürftigen fließt, in den anderen Bundesländern sind es nicht weniger. Es scheint, als glaubten sich die Sozialbehörden befugt, Menschen in sozialen Notlagen den Schutz des Privaten, der das Recht auf Datenschutz mit umfasst, abzusprechen. Dass Betroffene eigens deklarieren müssen, mit den Datentransfers nicht einverstanden zu sein, um sie zu verhindern, zeigt, für wie "normal" im Sozialstaat Österreich eine solche Entrechtung gehalten wird.

Doch das ist sie keineswegs. Was geht es einen Hausbesitzer an, wenn sein Mieter Mindestsicherung bezieht - solange er nur die Miete gezahlt? Nichts, absolut nichts. Im Gegenteil: Eine solche Datenweitergabe grenzt an Rufschädigung und stigmatisiert. Mit Armutsverhinderung durch Überbrückungshilfen hat das nichts mehr zu tun.  (Irene Brickner, DER STANDARD; Printausgabe, 6.7.2011)