Washington - Bei all den Klima-Hiobsbotschaften der vergangenen Zeit klingt das Ergebnis einer Studie von US-Wissenschaftern geradezu paradox: Trotz steigender Kohlendioxid-Mengen in der Atmosphäre haben sich die Oberflächentemperaturen der Erde in den vergangenen zehn Jahren kaum erhöht, zwischen 2005 und 2008 sind sie sogar geringfügig gesunken.
Tatsächlich ist der Befund kein Grund zur Entwarnung: Nach ihren Modellrechnungen könnte der anthropogene Treibhauseffekt durch verschiedene kühlende Effekte ausgeglichen worden sein - ein Phänomen, das sich aber nur vorübergehend auswirken wird, meinen die Wissenschafter. Darüber hinaus ist die Stagnation minimal in Relation zum Temperaturanstieg der vergangenen Jahrzehnte.
Drei Einflüsse
Einer dieser Einflüsse ist der natürliche elfjährige Sonnenzyklus, meint Robert Kaufmann von der Universität Boston in den Proceedings der US-Akademie der Wissenschaften. Dieser führte im vergangenen Jahrzehnt zu einer geringeren Sonneneinstrahlung. Dazu kommt ein Wechsel der südpazifischen Wetter- und Strömungsverhältnisse, die indirekt die ganze Erde beeinflussen. Das sogenannte "El Niño"-Phänomen ist übergegangen in "La Niña", ein Wettermuster, das mit kalten Oberflächenströmungen im Südpazifik verbunden ist und allgemein zu einer Abkühlung des Klimas führt.
Schwefeloxide führen zu höherer Reflexion
Aber auch der Mensch habe stark zur Abkühlung der Erde beigetragen, schreiben die Forscher. So hat China allein von 2003 bis 2007 seinen Kohleverbrauch verdoppelt. Für die vorherige Verdoppelung hatte das Land 22 Jahre gebraucht. Mit diesem Anstieg der Kohleverbrennung gelangten riesige Mengen Schwefeloxide in die Luft. Diese führen zu Aerosolpartikeln, die das Sonnenlicht in den Weltraum zurückwerfen.
Alle drei Erklärungen reichten nach den statistischen Modellen aus, die fehlende Erwärmung der Erde im den vergangenen Jahren zu erklären, schreibt Kaufmann. Dies bedeute aber gleichzeitig, dass mit einem besonders schnellen Temperaturanstieg zu rechnen ist, sobald die natürlichen Zyklen von Sonne und Wetter sich umkehren und mehr Filteranlagen die Schwefelmengen aus chinesischen Kohlekraftwerken reduzieren. Außerdem beziehen sich die Beobachtungen auf einen im Verhältnis minimalen Zeitraum. In der Gesamtansicht der vergangenen über 100 Jahre zeigt sich, in welche Richtung die Temperaturkurve im Durchschnitt weist - und das ist aufwärts. (red/APA)