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Präsident Giorgio Napolitano (re.) verlangt von Premier Silvio Berlusconi (li.) Aufklärung über versuchte Tricksereien.

Foto: AP/Tarantino

Es waren sechs Zeilen, die Italiens ohnehin umstrittenes Sparpaket in eine Mogelpackung verwandelten. Wer sie in den Artikel 23 des Dekrets schmuggelte, bleibt mysteriös. Keine Zweifel gibt es dagegen am Auftraggeber: Silvio Berlusconi hat einmal mehr versucht, mit einem Trick ein Gesetz für persönliche Interessen zu nutzen und seinem Fininvest-Konzern eine hohe Strafzahlung zu ersparen. Als Juristen des Staatspräsidenten bei der Prüfung des Textes auf den Zusatz stießen, war die Empörung groß. Die Opposition sprach von einem "unerhörten Handstreich" .

Der Koalitionspartner Lega Nord zeigte sich irritiert: "Bei Genehmigung des Dekrets durch den Ministerrat war dieser Passus noch nicht da." Und Außenminister Franco Frattini versicherte, über den Zusatz sei im Kabinett nicht diskutiert worden. Sogar Berlusconis Anwalt Niccolò Ghedini wollte nichts mit der Sache zu tun haben, er sei "kein Zivil-, sondern ein Strafrechtler" .

Die Medien ergingen sich wie üblich in intrigenreiche Szenarios: Wusste Finanzminister Giulio Tremonti Bescheid? Oder hat er den Premier in einen Hinterhalt gelockt? Warum benötigte das Dekret vier Tage, um dem Staatspräsidenten zugestellt zu werden?

Schließlich musste Berlusconi die Suppe ganz allein auslöffeln: nicht ein Kabinettsmitglied stellte sich hinter ihn. Dienstagabend kündigte der verärgerte Premier die Rücknahme des Textes an, wonach Entschädigungszahlungen über 20 Millionen Euro bis zum Urteil des Höchstgerichts auszusetzen seien. Berlusconis Fininvest muss nämlich dem Verleger Carlo De Benedetti 750 Millionen Euro zahlen, weil sie beim Kauf des Mondadori-Verlags einen Richter bestochen und so Konkurrenten ausgeschaltet hatte.

Das Sparpaket soll nun von 47 auf 50 Milliarden aufgestockt werden. In den Ministerien sollen elf Milliarden Euro gekürzt werden, in Gemeinden und Regionen fast zehn Milliarden, außerdem 7,5 Milliarden im Gesundheitswesen und 3,5 bei den Pensionen.

Nun fordert Staatspräsident Giorgio Napolitano auch Auskunft über andere Punkte des Spardekrets. Das irritiert Berlusconi - doch eine Kraftprobe mit dem beliebten Staatschef kann sich der schwer angeschlagene Premier auf keinen Fall leisten. (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 7.7.2011)