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Christine Lagarde: "Lösung der Schuldenkrise hat Priorität."

Foto: Reuters/Kevin Lamarque

Washington - Die neue IWF-Chefin Christine Lagarde kommt den Schwellenländern Kreisen zufolge mit der Ernennung eines Chinesen zu einem ihrer Stellvertreter entgegen. Der Sonderberater ihres Vorgängers Dominique Strauss-Kahn, Min Zhu, könnte den neu zu schaffenden Posten übernehmen, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen aus dem IWF am Mittwoch der Nachrichtenagentur Reuters.

Einflussreiche Schwellenländer hatten sich gegen eine erneute europäische Besetzung des IWF-Chefposten gewehrt und auf eine Verschiebung der wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse hingewiesen. Die Volksrepublik hatte Lagardes Kandidatur aber unterstützt. Lagarde sagte am Mittwoch, die Schaffung eines hochrangigen Postens im Direktoriums sei "keine schlechte Idee". Sie arbeite mit Hochdruck an der Ernennung eines Stellvertreters aus den Schwellenländern.

Top-Themen

Die weltweiten Schuldenkrisen und die Arbeitslosigkeit sind für Lagarde Top-Themen. Beim Thema Schulden gehe es nicht allein um Griechenland und die Euro-Zone, sagte sie am Mittwoch bei ihrer Antritts-Pressekonferenz in der Zentrale des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. "Es handelt sich um ein sehr breites Thema, das dringend betrachtet werden muss", meinte die Französin mit Blick auf Länder wie die USA und Japan.

Bereits an diesem Freitag werde die IWF-Spitze über die Bewilligung einer weiteren Tranche von Hilfsgeldern für Griechenland beraten, kündigte Lagarde an. Sie wollte sich jedoch nicht zu Einzelheiten äußern. Die Finanzminister der Euroländer hatten die Teilzahlung von 12 Milliarden Euro bereits am vergangenen Wochenende freigegeben. Sie riet Griechenland allerdings, sich an Irland und Portugal zu orientieren. Dort hätten die politischen Parteien ihren Streit überwunden und sich auf Reformpläne geeinigt.

Lagarde, die bisher das französische Wirtschaftsministerium leitete, machte klar, dass sie die internen IWF-Reformen ihres Vorgängers fortsetzen wolle. "Einiges, was Strauss-Kahn begonnen hat, sind exzellente Reformen", sagte die 55-Jährige in geschliffenem Englisch. Erst im März ist beim IWF eine Stimmrechtsreform in Kraft getreten, das Schwellen- und Entwicklungsländern mehr Einfluss gibt. "Wir müssen die Reformen zu Ende bringen, die wir begonnen haben."

Zwar sei die schwere Finanzkrise von 2008 überwunden, doch noch sei das Wachstum vor allen in den westlichen Industrieländern teilweise schwach und weltweit gesehen sehr unausgeglichen, sagte Lagarde weiter. Grundsätzlich meinte sie, der IWF dürfe sich keinesfalls ausschließlich nur auf das Schuldenthema konzentrieren. "Arbeitslosigkeit ist ein kritisches Thema." Es gehe hier auch um den Zusammenhalt von Gesellschaften.

Lagarde vermied es, auf Fragen nach dem Rechtsstreit um Strauss-Kahn Stellung zu nehmen. Sie ließ sich lediglich vage über Unterschiede im amerikanischen und europäischen Rechtssystem aus. Allerdings übte sie deutliche Kritik an den Medien. Für Angeklagte und Beschuldigte müsse bis zu einem Gerichtsurteil die Unschuldsvermutung gelten. "Es wäre eine Ehre für die Medien, dies ebenfalls zu respektieren." Ausdrücklich begrüßte sie es, dass sie sich nach den neuen IWF-Bedingungen wie alle IWF-Mitarbeiter an einem "Ethik-Training" beteiligen soll. (APA/Reuters)