Grafik: STANDARD

Wien - Viele Investoren bezeichnen sich als Querdenker, als "Contrarian". Doch dahinter steckt oft genug Selbstüberschätzung, sind die Verluste beim Platzen einer Blase doch immer weit verbreitet. In den letzten zwei Jahre haben Schwellenländer-Investments Investoren wie Motten angezogen, da die USA und Europa noch Jahre nach dem offiziellen Ende der Krise 2009 mit den Folgen zu kämpfen haben.

Erika Karitnig, Chief Investment Officer für Aktien bei der Bawag PSK Invest, warnt daher: "Aktuell sind Schwellenländer sehr teuer bewertet, das ist meistens ein Alarmzeichen." Tatsächlich seien viele Märkte "priced for perfection". Kleine Enttäuschungen könnten die Märkte daher stark treffen. Es sei von Investoren zu viel Geld in die stark wachsenden Märkte gepumpt worden. Zwar stehe auch für Karitnig außer Zweifel, dass Länder wie China, Brasilien oder Indien langfristig stark wachsen werden, "aber derzeit sind viele Risiken nicht eingepreist", gerade die politischen Risiken. So sind Schwellenländer erstmals seit vielen Jahren deutlich teurer als Industrienationen, gemessen an dem Preis-Buch-Wert. Asiatische Aktien handeln etwa nicht mehr mit einem Abschlag gegenüber den USA.

Für Gavekal sind Investoren damit auf Kriegsfuß mit den Zentralbanken. "In Schwellenländern wollen die Notenbanken die Aufwertung von Vermögenspreisen stoppen, in den Industrieländern hingegen fördern," schreiben die Hongkonger Analysten.

Und ewig lockt der Zins

Asien zählt auch unter den Schwellenländern zum teuren Pflaster (siehe Grafik). Gemessen an vier Bewertungsindikatoren sind laut Bawag-PSK-CIO Karitnig besonders lateinamerikanische und asiatische Länder überbewertet, einzig Osteuropa und der nahe Osten sind verhältnismäßig billig.

In den vergangenen sechs Monaten hat sich die Euphorie für Schwellenländer erstmals etwas eingetrübt. Die Inflationsängste haben die Notenbanken auf den Plan gerufen und Investoren verschreckt. Die Aktien der Industrienationen, gemessen am MSCI World Index, haben deutlich die Schwellenländer outperformt, die vier Prozent verloren hatten. Doch laut jüngsten Umfragen unter Portfolio-Managern, durchgeführt von der Bank of America, wird wieder kräftig investiert.

Besonders stark aber die Anleihenmärkte der Schwellenländer die Investorennachfrage angelockt. Die hohen Leitzinsen in den aufstrebenden Volkswirtschaften haben Investoren wie Pensionsfonds angezogen, die hohe Zinsen brauchen, um ihre steigenden Verbindlichkeiten zu finanzieren.

Laut dem Branchendienst EPFR haben die Lokalwährungsanleihen-Fonds mit Schwellenländerfokus im erste Halbjahr 2011 mehr als 14 Prozent ihres Gesamtvolumens an frischem Geld eingesammelt. In den vergangenen Monaten wurden zudem immer exotischere Anlageklassen kreiert, die es noch vor wenigen Jahren nicht gab - etwa Fonds, die in Unternehmensanleihen aus Schwellenländern investieren. (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9./10.7.2011)